Marius Neuhaus

Beratung junger Menschen – ein Arbeitsfeld im Wandel

Beratungsangebote im Kreis Segeberg

Marius Neuhaus

Der schleswig-holsteinische Kreis Segeberg ist ein mittelschichtsgeprägter Landkreis im Norden der Metropolregion Hamburg mit einer Einwohnerzahl von rund 278.000. Die örtlichen Beratungsangebote der freien Träger werden durch den Landkreis finanziert und beziehen sich auf verschiedene sozialrechtliche Grundlagen oder werden als freiwillige Leistungen bereitgestellt. Die Therapiehilfe gGmbH ist ein Träger der ambulanten und stationären Suchthilfe im norddeutschen Raum. Ihr Angebotsspektrum umfasst: Beratung, ambulante, ganztägig ambulante und stationäre Therapie, Entgiftung, Rehabilitation, Nachsorge sowie Wiedereingliederung in Schule und Beruf. Außerdem ermöglicht die Therapiehilfe Arbeit und Beschäftigung in trägereigenen Einrichtungen. Im Kreis Segeberg betreibt sie Suchtberatungsstellen und Erziehungs- und Familienberatungsstellen. Zu den weiteren Aufgaben gehört der Betrieb und die Koordination von örtlichen Beratungszentren, in denen verschiedene regional tätige Träger der sozialen Arbeit ihre Angebote unter einem Dach gebündelt vorhalten. Die koordinierende Tätigkeit in den Beratungszentren umfasst u. a. die Durchführung von trägerübergreifenden Projekten, wie der hier beschriebenen Befragung.

Das Befragungsprojekt

Im Zeitraum vom 10.05. bis 30.08.2021 wurde eine Online-Befragung junger Menschen durchgeführt. Sie erfolgte unter dem Titel „Sag uns, wie wir dich unterstützen können“. Die befragenden Träger waren die freien Träger der örtlichen Beratungsstellen, die Angebote für junge Menschen vorhalten. Die Befragung erfolgte unter Federführung der Therapiehilfe gGmbH mittels eines Online-Fragebogens und richtete sich an junge Menschen bis 27 Jahre.

Die Befragung folgte keinem wissenschaftlichen Anspruch, sondern sie diente als Kommunikationsinstrument, um junge Menschen in der Zeit der Pandemie anzusprechen und in einen Prozess der Angebotsentwicklung als Expert:innen in eigener Sache einzubeziehen. Die dreiunddreißig Einzelfragen folgen vier Leitfragen bzw. Auswertungskategorien:

  1. Wer sind die teilnehmenden Personen?
  2. Was beschäftigt die jungen Menschen / sind ihre Themen?
  3. Welche Form der Beratung wünschen sich junge Menschen von den Beratungsstellen?
  4. Wie zufrieden sind die jungen Menschen mit bereits erhaltener Beratung?

Kategorie 1: Wer sind die teilnehmenden Personen?

Es haben 380 junge Menschen an der Befragung teilgenommen. 336 vollständige Fragebögen konnten ausgewertet werden. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei 15,4 Jahren. 82 Prozent waren unter 18 Jahren. Im Alter von 13 bis 17 Jahren waren 69 Prozent. Der Anteil der weiblichen Befragten lag bei 59 Prozent. Männlichen Geschlechts zu sein, gaben 39 Prozent an. Als divers kategorisierten sich 0,6 Prozent, sich der Zuordnung noch nicht sicher waren 1,5 Prozent der jungen Menschen.

Neun Prozent der jungen Menschen sahen bei sich einen Migrationshintergrund, 13 Prozent machten zu dieser Frage keine Angabe. 78 Prozent der Teilnehmenden verneinten einen Bezug zu Migration. Eigene Kinder hatten 1,2 Prozent der Befragten. Von der Befragung erfahren hatten 15 Prozent durch die eigene Teilnahme an einer Beratung. Die anderen Teilnehmer:innen wurden über Kooperationspartner:innen in Prävention, Schulsozialarbeit, Schule und offener Jugendarbeit gewonnen.

Bei der Ansprache der teilnehmenden Personen wurden bewusst offene Antworten ermöglicht. Dies bedeutete, dass sich die jungen Menschen im Bereich Migration und sexueller Identität nicht eindeutig zuordnen mussten. Damit konnte sichtbar werden, dass es junge Menschen möglicherweise vorziehen, sich jenseits einer ethnischen Bipolarität oder einer definierten sexuellen Kategorie zu identifizieren.

Kategorie 2: Was beschäftigt die jungen Menschen / sind ihre Themen?

In dieser Auswertungskategorie wurden Fragen gestellt, die die allgemeine Lebenszufriedenheit, die relevanten Lebensthemen, das Nutzungsverhalten von Medien sowie die Bereitschaft zur Annahme einer Beratung umfassen. Die Antworten wurden als Zustimmung auf einer Skala von 1 bis 6 angegeben.

a) In Bezug auf die allgemeine Lebenszufriedenheit gaben die jungen Menschen folgende Zustimmungswerte: Zufriedenheit mit dem eigenen Leben 4,0; Optimismus bzgl. Zukunft 4,0. Verstanden werden durch Erwachsene 3,7; Zufriedenheit mit Spiel- und Freizeitmöglichkeiten 3,3.

b) Wichtige Lebensthemen sind absteigend nach der Problemhäufigkeit: Leistungs- / Notendruck, Prüfungsangst 3,5; Unzufriedenheit mit eigenem Körper 3,3; Corona 3,3; Stress mit Eltern und Geschwistern 3,2; Tod oder Verlust eines Menschen 3,2 und innere Leere, Gefühl von Sinnlosigkeit 3,0. Weitere Themen sind (mit absteigender Problemhäufigkeit): Essverhalten; Ängste und zwanghafte Gedanken; Perspektivlosigkeit / Zukunftsangst; Einsamkeit / fehlende Kontakte sowie Medienkonsum, der nicht mehr gesteuert werden kann.

c) Regelmäßig genutzte Medien waren: WhatsApp (94 Prozent); YouTube (78 Prozent); Instagram (71 Prozent); TikTok (64 Prozent) und E-Mail (39 Prozent).

d) Eine Bereitschaft zur Annahme einer Beratung äußerten 66 Prozent der Befragten.

Zu a) Die genannten Werte lassen erkennen, dass die befragten jungen Menschen grundsätzlich über gute Ressourcen des Aufwachsens verfügen, insofern sie überwiegend zufrieden mit ihrem Leben sind und optimistisch in die Zukunft blicken. Während das Verstandenwerden durch die Erwachsenen eine mittlere Zustimmung erfährt, stellen die vorhandenen Freizeitmöglichkeiten jedoch kein ausreichend anregendes Angebot für die jungen Menschen dar.

Zu b) Bei den Lebensthemen scheinen die für den Entwicklungsabschnitt typischen Themen im Vordergrund zu stehen. Ein Höchstwert im Bereich „Leistungs- / Notendruck, Prüfungsangst“ lässt jedoch erkennen, dass Schule eine Ursache chronischen Stresses zu sein scheint. Dies gilt es zu hinterfragen, denn Schule hat einen pädagogischen Auftrag, und es ist nicht hinzunehmen, dass Kinder und Jugendliche dort Angst und Stress erleben.

Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper ist für junge Menschen, die ihre gesellschaftlichen Orientierungspunkte ganz überwiegend in sozialen Netzwerken finden, nicht mehr nur eine altersspezifische Aufgabe innerhalb ihrer Peergroup, sondern oftmals eine medial vermittelte Überforderung, die den eigenen Körper eher zu einem Anlass des Selbstzweifels als der Selbstvergewisserung werden lässt.

Auch wenn die Auseinandersetzung mit den eigenen Eltern sicherlich ein zeitloses Thema darstellt, lohnt es sich, diesem Punkt Aufmerksamkeit zu schenken. So vollzieht sich die Ausdifferenzierung der individuellen und altersspezifischen Lebenswelten der Jugendlichen heute vor dem Hintergrund, dass Familien finanziell und zeitökonomisch immer mehr unter Druck geraten. Die häufige Nennung von „Stress mit Eltern und Geschwistern“ zeigt, dass die Bedeutung von Familie als Rückzugsort und Ort der Selbstwertstärkung in einer immer komplexeren Welt ausgesprochen hoch ist, und es wird die Notwendigkeit deutlich, dass dieser Ort seine basale Funktion der Förderung junger Menschen zu mental gesunden und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten auch unter steigenden gesellschaftlichen Anforderungen erfüllt. Wenig überraschend zeigt sich auch unter dem Stichwort Corona eine hohe Problemhäufigkeit, wobei diese beiden Lebensthemen keine signifikanten Korrelationen zeigen und damit offenbar von den jungen Menschen bisher nicht als ein lebensbestimmendes Problem erlebt werden.

Eine Herausforderung, wenn nicht Überforderung, stellt der Tod oder Verlust eines Menschen dar (Standardabweichung 1,89; 19 Prozent der Antworten bei Effektstärke 6).  Er löst eine existentielle Verunsicherung aus und stellt die psychosoziale Einbettung in halt- und sinngebende Beziehungen und Wertbezüge auf den Prüfstand. Hier scheint die Erwachsenenwelt keine ausreichend tragende Unterstützung anbieten zu können. Alarmierend ist, dass sich anschließend an die erwähnten Themenbereiche Schule, Körper, Familie und Tod ein Gefühl von Sinnlosigkeit und innerer Leere bei jungen Menschen zeigt (Standardabweichung 1,88), was zumindest eine Teilgruppe als psychisch gefährdet erkennen lässt (16 Prozent der Antworten bei Effektstärke 6). In diesem Sinne können auch die im Weiteren hervortretenden Themen wie eine Reihung emotionaler Nöte und entsprechender Kompensationsstrategien gelesen werden (Essverhalten, Ängste, zwanghafte Gedanken, Perspektivlosigkeit, Einsamkeit, unkontrollierter Medienkonsum).

Zu c) Überaus deutlich wird, dass Medien im Leben junger Menschen eine große Rolle spielen und sich die sozialen Medien als kommunikations- und vorstellungsprägend in ihrem Leben verankert haben.

Zu d) Als Bewohner:innen „zweier Welten“, der medialen wie der analogen, zeigen die befragten jungen Menschen jedoch eine hohe Bereitschaft zur Inanspruchnahme von (analoger) Beratung in einer Beratungsstelle.

Kategorie 3: Welche Form der Beratung wünschen sich junge Menschen von den Beratungsstellen?

Für die befragten jungen Menschen ist es wichtig, dass Beratung anonym (4,7), ohne Eltern (4,6) und im Einzelkontakt (4,4) stattfindet. Dabei besteht einerseits der Wunsch, dass die Hilfe in der Beratungsstelle stattfindet (4,2), und andererseits, dass sie über Smartphone/PC (4,1) angeboten wird. Jungen Menschen ist es wichtig, dass der/die Berater:in jederzeit kontaktiert werden kann (4,8) bzw. schnell (innerhalb 24h) eine Beratung anbieten kann (4,4). Eine Hilfe in Gruppenform findet den niedrigsten Zustimmungswert (2,9).

Als bevorzugte Medien werden der Messanger WhatsApp (62 Prozent), das Telefon/Mobiltelefon (55 Prozent) und die Beratung per E-Mail (40 Prozent) genannt. Die Beratungsform soll für 39 Prozent der Befragten eine persönliche Beratung sein. Zwölf Prozent wünschen eine digitale Beratung, und eine Kombination aus beiden bevorzugen 49 Prozent der Befragten.

Die hohe Bereitschaft zur Inanspruchnahme von Beratung verbindet sich mit klaren Vorstellungen, welche Form diese haben soll. Dabei wird zum einen der Wunsch nach individueller und flexibel verfügbarer Zuwendung durch eine:n kompetente:n Erwachsene:n  sichtbar, und zum anderen wird deutlich, dass das matching davon abhängt, wie gut die Hilfeform zu den Lebensgewohnheiten des jungen Menschen passt (form follows need). Hilfe wird so gewünscht, dass sie einen geschützten Rahmen bietet, in dem der junge Mensch individuell für sich, seinem Bedürfnis und Impuls folgend, Unterstützung findet. Der persönliche Kontakt mit dem/der Berater:in wird durch die Nutzung von Messanger und Mobiltelefonie ergänzt. So entsteht eine Form der beratenden Begleitung und der (elterlich) beschützenden Assistenz zur Bewältigung des Lebens angesichts einer medialen Fragmentierung der Identitäten.

Kategorie 4: Wie zufrieden sind die jungen Menschen mit bereits erhaltener Beratung?

Von den 336 jungen Menschen hatten 76 (23 Prozent) bereits an einer Beratung bei einem der drei an der Befragung beteiligten Träger teilgenommen. 67 Prozent dieser Beratungen waren bereits abgeschlossen. Die aufgesuchten Beratungsstellen waren Erziehungs- und Familienberatungsstellen, eine Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt sowie Suchtberatungsstellen. 42 Prozent der jungen Menschen wussten nicht mehr, in welcher Beratungsstelle sie gewesen waren. Einzelberatung haben 78 Prozent der Befragten wahrgenommen, mit der Familie kamen 37 Prozent der Ratsuchenden, mit Freunden 13 Prozent. Die Beratung fand zu 84 Prozent in Präsenz statt, zu sieben Prozent digital und zu neun Prozent in gemischter Form als blended counseling.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Beratungsstellen in Form von Flyern, einem Internetauftritt und Infomails fand bei den jungen Menschen keine Resonanz. 80 Prozent der jungen Menschen haben sie nicht wahrgenommen. 20 Prozent haben sich auf diese Weise nicht angesprochen gefühlt.

Die jungen Menschen haben sich in der Beratung atmosphärisch wohl (4,1), als junge Menschen angenommen (4,7) und gut beraten gefühlt (4,4). Die jungen Ratsuchenden gaben mit einem Zustimmungswert von 4,1 an, dass ihnen die Beratung weitergeholfen hat. Die Frage, ob auch neue Sichtweisen für andere Themen gewonnen wurden, fand einen Zustimmungswert von 3,8. Die jungen Menschen wollen zu 79 Prozent wieder in die Beratung kommen und zu ebenfalls 79 Prozent die jeweilige Beratungsstelle weiterempfehlen.

Junge Menschen machen in Beratungsstellen gute Erfahrungen. Zwar fühlen sie sich durch jugendunspezifische analoge Kommunikationsformen nicht angesprochen, treffen dort aber vermittelt über Dritte auf kompetente Berater:innen, die ausreichend sensibilisiert sind, damit sich junge Menschen angenommen fühlen. Die hohe fachliche Qualifikation der Mitarbeitenden, getragen vom persönlichen Kontakt, konstituiert ein Setting, das sich als geeignet erweist, junge Menschen in ihrer Lebenskompetenz zu stärken. Auf Grund der positiven Erfahrungen mit Beratung wird sie im Folgenden zu einer persönlichen Ressource des jungen Menschen, die bereits durch die Möglichkeit einer Wiederinanspruchnahme stärkend wirkt.

Anforderungen an Prävention und Beratung

Junge Menschen sind stärker als jede andere gesellschaftliche Gruppe der durch Digitalisierung, Medialisierung und Globalisierung bewirkten Transformation der Lebens- und Arbeitsweisen ausgesetzt. Dabei entwickeln sie Fähigkeiten und Lebensformen, die die Erwachsenenwelt in Gestalt von Eltern,  Lehrer:innen und pädagogischen Mitarbeiter:innen kaum nachzuvollziehen in der Lage ist. Die belastenden Aspekte dieser Entwicklung werden durch die im Rahmen der Corona-Krise ergriffenen Maßnahmen noch verschärft, bis hin zu gesundheitsgefährdenden Auswirkungen. Die Herausforderung, die Lebensrealität junger Menschen in ihrer Vielfältigkeit nachzuvollziehen und adäquat zu beantworten, wird damit größer und wichtiger.

Um die Erwartungen junger Menschen an die Angebotsformen der Träger erfüllen zu können, sind die sozialen Hilfssysteme gefordert, ihre Systemlogik den Bedarfen ihrer (jungen) Nutzer:innen anzupassen. Dafür ist es erforderlich, in eine wechselseitige Kommunikation mit jungen Menschen zu treten und bereit zu sein, von ihnen zu lernen. Diese Nutzer:innenorientierung wird nicht nur zu einer veränderten Form der Öffentlichkeitsarbeit führen, sondern auch ganz neue Angebotsformen hervorbringen.

Alarmierend ist die Problemhäufigkeit bei „Leistungs- / Notendruck, Prüfungsangst“ (35 Prozent bei Effektstärke 5 und 6). Die starke Leistungsorientierung und den damit einhergehenden Noten- und Normierungsdruck in der Schule erleben viele junge Menschen als Entwertung der eigenen Person. Die Digitalisierung an den Schulen treibt diese Entwicklung voran, ohne dass ausgleichende oder präventive Maßnahmen entwickelt würden. Positiv erlebte und somit gesundheitsfördernde Orte hingegen sind Orte, die sich an den Bedürfnissen junger Menschen ausrichten und eigenverantwortete Selbstbildungsprozesse ermöglichen.  Es ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft, solche Orte zu schaffen. Sie wirken in höchstem Maße als Prävention von Sinnlosigkeitserleben und innerer Leere und machen kompensierende Strategien, wie sie jegliche Form von Suchtverhalten und psychischen Ersatzhandlungen darstellt, überflüssig. Ein solcher Selbstbildungsprozess stellt auch die Inanspruchnahme von Beratung dar, die exemplarisch Sinnhaftigkeit und Selbstwerterhöhung ermöglicht.

Die betreffenden Beratungseinrichtungen sind herausgefordert, ihre Berührungsängste mit sozialen Medien und jugendspezifischen Inhalten zu überwinden. Dabei liegt in rechtlichen Hürden wie Vorgaben zum Datenschutz die Gefahr, den Anschluss zur Welt junger Menschen zu verlieren. Der mit der Digitalisierung der Angebote verbundene technische Aufwand stellt eine weitere Hürde dar, an der die Lebensweltorientierung in der Praxis der sozialen Arbeit zu scheitern droht. Träger und Mitarbeitende stehen vor der Aufgabe, ihre Arbeits- und Organisationsformen anzupassen und zu flexibilisieren und sich neue Fähigkeiten und Kulturtechniken anzueignen. Es sind Kostenträger gefragt, die die Scheuklappen in Form von starren Verwaltungsabläufen und innovationsfeindlichen Ökonomisierungszwängen ablegen. All diese Faktoren entscheiden an vielen kleinen Stellen, ob es letztlich gelingen kann, Angebotsformen zu entwickeln, die junge Menschen tatsächlich erreichen. Hierbei ist der altbekannte Ruf nach einem Paradigmenwechsel im Sinne eines form follows user aktueller denn je.

Auch wenn es sich bei der vorliegenden Befragung in einem norddeutschen Landkreis weder um einen repräsentativen Bevölkerungsausschnitt handelt, noch die Befragung wissenschaftlichen Standards entspricht, kann sie doch als Impuls aufgefasst werden, der eine Entwicklungsrichtung aufzeigt, die sich auch in anderen zahlreichen Studien der jüngeren Zeit abzeichnet (z. B. Copsy-Studie, Shell-Studien, Kinder- und Jugendberichte der Bundesregierung, Veröffentlichungen des Deutschen Jugendinstituts DJI, der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe AGJ und des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung EZI). Die Besprechung der Ergebnisse erfolgt aus der Perspektive der Beratungsstellen. Für uns wird deutlich, dass eine Gruppe der jungen Menschen als gefährdet anzusehen ist. Es ist dringend notwendig, sie in ihrer Lebenslage besser wahrzunehmen und über die Angebote der Beratungsstellen wirksamer zu erreichen. Dieser Auftrag erscheint vor dem Hintergrund der aktuellen Belastung junger Menschen durch die Corona-Krise umso verbindlicher. Hierfür ist die beschriebene organisatorische und konzeptionelle Hinwendung zu den jungen Menschen unverzichtbar. Es sei jedem/jeder Leser:in selbst überlassen, den Aussagewert des Vorgestellten zu beurteilen, ein Anstoß zur Diskussion über notwendige Innovationsprozesse innerhalb der Einrichtungen der sozialen Arbeit sei hiermit zumindest gegeben.

Kontakt:

Marius Neuhaus
marius-neuhaus@therapiehilfe.de

Angaben zum Autor:

Marius Neuhaus, Dipl.-Sozialpädagoge und Systemischer Therapeut (SG), ist tätig als Einrichtungsleitung der Beratungsstellen der Therapiehilfe gGmbH im Kreis Segeberg.