Psychotherapie und seelische Gesundheit im Zeitalter kategorischer Optimierung
Pabst Science Publishers, Lengerich 2018, 186 Seiten, 15,00 €, ISBN 978-3-95853-397-4, auch als E-Book erhältlich
Leistungssteigerung, Beschleunigung, Optimierung, alles nach oben hin grenzenlos offen und nach unten hin bodenlos. Paradoxien und Abgründe dieser Dynamik sind so offenkundig, wie die Unfähigkeit, diesbezüglich Abstand und Alternativen zu finden. Jeder, der über schönere, schnellere und bessere Illusionen hinauszudenken versucht, stößt auf diese kategorische Problematik. Lippenbekenntnisse zur Entschleunigung und (neuen) Werteorientierung bleiben so lange wertlos, wie sie primär nur Regenerationspausen zugunsten weiterer Leistungssteigerung intendieren. Der Psychiater und Psychotherapeut Andreas Hillert analysiert die Situation anhand aktueller Forschungsbefunde und eigener ärztlicher Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund stellt er fünf individuelle Schicksale gescheiterter High-Performer vor und gleichzeitig fünf engagierte, qualifizierte, aber gründlich gescheiterte Therapieversuche (u. a. von Essstörungen, Angststörungen, Depressionen). Es bleibt den Lesern überlassen, nach strategischen, sozialen, politischen, religiös-spirituellen und vor allem auch nach psychotherapeutischen Auswegen für diese und ähnliche Konstellationen zu suchen.
Das Buch spiegelt nicht zuletzt den High-Performern in therapeutischen Berufen ihre systemimmanenten Limitationen. Das hohe Erzähltalent des Autors erleichtert es Lesern, sich in den Akteuren wiederzuerkennen. Daher stimuliert das Buch einer breiten Leserschaft teils selbstkritische, teils fast amüsierte Einsichten.