Gundula Barsch, Julia Walta

Baukasten für eine anonyme Drogensprechstunde

Pabst Science Publishers, Lengerich 2016, 110 Seiten, mit CD-ROM, ISBN 978-3-95853-199-4, € 15,00

Methamphetamin, das sich als Crystal im Freizeitbereich verbreitet, führt vor Augen, dass das professionelle Drogenhilfesystem unter einem enormen Modernisierungsdruck steht. Besonders tragisch: Obwohl mit hohen Risiken für die physische, psychische und soziale Gesundheit konfrontiert, meiden Crystal-Meth-Konsumierende den Kontakt zu Hilfesystemen sehr lange und melden sich erst, wenn sich bereits dramatische Bündelungen von Problemen entwickelt haben.

In interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelten Prof. Dr. Gundula Barsch (Hochschule Merseburg), Dipl. med. Peter Jeschke (Ostdeutsche Arbeitsgemeinschaft Suchtmedizin e. V.) und Prof. Dr. Andreas Klement (Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle) ein niederschwelliges Angebot, das neue Ansätze einer Versorgung aktuell drogenkonsumierender Menschen auslotete: In einer anonymen Drogensprechstunde, als Peer-to-Peer-Projekt angelegt, konnten sich Klient/innen medizinisch untersuchen und umfangreich beraten lassen. Als Peers arbeiteten Studierende der Medizin und der Sozialarbeit – supervidiert von erfahrenen Ärztinnen und Ärzten.

Der vorliegende Band beschreibt das gesamte Pilotprojekt en detail. Das Buch kann als konkrete, aber modifizierbare Anleitung für vergleichbare Angebote, nicht nur für Crystal-Konsument/innen, dienen. Die beigefügte CD enthält die Arbeitsmaterialien zum Ausdrucken. Die kritische Evaluation belegt, dass die anonyme Drogensprechstunde eine Lücke füllen kann und auch in der institutionalisierten Drogenhilfe überwiegend aufmerksame Zustimmung findet.

Die Erfahrungen mit der Sprechstunde münden in der Entwicklung einer App, mit der Klient/innen interaktiv und individuell beraten werden: quasi ein Coaching, um Risiken zu erkennen und zu managen – und in Notfällen rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen.