Arbeitsteilung unter neuen Vorzeichen?
Wiesbaden: Springer VS 2015, 302 S., ISBN 978-3-658-07070-0, EUR 39,99, auch als E-Book verfügbar
Gut dreißig Prozent der Väter nehmen inzwischen Elternzeit – dank Elterngeld, Partnermonaten und dem immer häufiger artikulierten Anspruch, sich aktiv an der Kinderbetreuung zu beteiligen. Ab 1. Juli 2015 will das ElterngeldPlus die partnerschaftliche Aufteilung und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter fördern und flexibilisieren. Zeit, um Bilanz zu ziehen: Was hat sich seit dem 2007 eingeführtem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) verändert? Wer betreut das Kind, und wer bringt das kleinere berufliche „Opfer“? Wer verdient mehr, und wer hat den sichereren Job? In ihrer Studie „Aushandlungen von Paaren zur Elternzeit“ hat Almut Peukert Paare dazu interviewt, wie sie Elternzeit und Erwerbsarbeit vereinbaren. Untersucht wurde, wie Paare aushandeln, wer wie lange Elternzeit nimmt und welchen Einfluss dabei Beruf, Karriere und Einkommen haben. Das Fazit der Autorin: „Nicht das rein ökonomische Kalkül, sondern vielmehr die persönlichen Wertvorstellungen der Eltern bestimmen primär die Ausgestaltung der Elternzeit.“
Zentrales Ergebnis sind vier Grundmuster zur Betreuungsverantwortung von Kindern, die – neben wirtschaftlichen – auch von emotionalen und sozialen Einstellungen der Eltern geprägt sind. In der ersten Gruppe – Peukert nennt sie „Hegemonic Mothering“ – ist eine traditionelle Arbeitsteilung selbstverständlich: „Die Zuständigkeit der Mutter für das Kind wird automatisch angenommen, sodass sie erst gar nicht erwähnt wird.“ Die Mutter nimmt also die maximal mögliche Elternzeit mit Elterngeldbezug, während der Vater als ‚Praktikant‘ in der Kinderbetreuung gilt und nach dem Prinzip „use it or lose it“ eventuell zwei Partnermonate nimmt. Unter „Sameness Taboo“, der zweiten Gruppe, beschreibt Peukert Eltern, bei denen der Vater aktiv versucht, seinen Anteil an der Elternzeit so gering wie möglich zu halten. Tücken sieht die Autorin aber auch bei den Frauen: „Einige Mütter in der Studie versuchten das väterliche Engagement sogar zu verhindern, während der Vater Gleichberechtigung in der Familienarbeit fordert.“ Diese Gruppe nennt Peukert „Maternal Gatekeeping“. Zur vierten Kategorie „Equally Shared Parenting“ zählen Paare, die sich Elternzeit und Kinderbetreuung gleichberechtigt teilen.
Die Arrangements aus diesen Gruppenzugehörigkeiten – von keiner väterlichen Elternzeit, dem Modell 12+2 über „Halbe-Halbe“ bis hin zu einer längeren Elternzeit des Vaters im Vergleich zur Mutter – haben nach Ansicht von Peukert unterschiedliche Folgen, insbesondere für die Einkommens- und Karrierechancen von Müttern. Ein Ansatzpunkt zur Durchsetzung von Gleichberechtigung seien zwar Reformen der familienpolitischen Gesetzgebung und mehr Familienfreundlichkeit seitens der Unternehmen. Doch von zentraler Bedeutung bleiben die Eltern selbst, so die Autorin: „Zwischen den Partnern finden die Aushandlungen darüber statt, wer das berufliche ‚Opfer‘ bringt und wer das Kind betreuen darf oder muss.“