Zweiter Glücksspieländerungsstaatsvertrag tritt nicht in Kraft

Am 01.01.2018 sollte der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV) in Kraft treten. Dies ist gescheitert, da die Bundesländer sich nicht auf eine Ratifizierung einigen konnten. Die Fachstelle GlücksSpielSucht erwartet dadurch negative Konsequenzen für den Spieler- und Jugendschutz in Deutschland.

Nun ist es bittere Wahrheit: Der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag, der zum 01.01.2018 in Kraft treten sollte, ist Makulatur. Der Freistaat Thüringen hat den Zweiten GlüÄndStV zwar ratifiziert, aber es mussten alle 16 Bundesländer bis zum 31.12.2017 zustimmen, um das Gesetz in Kraft treten zu lassen. Die Thüringer Fachstelle GlücksSpielSucht sieht in diesem Scheitern einen Rückschritt bei der Verbesserung des Spieler- und Jugendschutzes, einem der zentralen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages.

Obwohl die Fachstelle mit den Regelungen des Zweiten Staatsvertrages aus suchtpräventiver Sicht nicht zufrieden war, ist eine unveränderte rechtliche Situation – vor allem im Bereich des Spielerschutzes – noch besorgniserregender. Bereits zum vierten Mal scheiterte der Versuch der Länder, eine bundeseinheitliche Gesetzgebung zu schaffen. Wie viele neue Versuche brauchen die Länder noch, um zu einer einheitlichen Glücksspielregelung zu kommen? Oder ist das gar nicht mehr möglich? Eine Einigung ist schwer vorstellbar, wenn man zum Beispiel auf das Land Schleswig-Holstein blickt, welches innerhalb von fünf Jahren zweimal die Richtung wechselte.

Welche Konsequenzen hat diese Uneinigkeit der Länder für den Bereich des Glücksspielens und vor allem für die Spielerinnen und Spieler?

Illegale Angebote werden ohne Kontrollen im Hinblick auf den Spieler- und Jugendschutz am Markt etabliert, damit verbunden steigen die Nachfrage und die Umsätze. Das weckt neue Begehrlichkeiten bei Teilen der Wirtschaft, der Politik und im Sport. Die so ausgerichtete Marktgestaltung hebelt die bisher geltenden verhältnispräventiven Maßnahmen in wesentlichem Maße aus und berücksichtigt keinesfalls ausreichend die mit dem Glücksspiel verbundenen Suchtrisiken. Die Anbieter machen es deutlich besser als die Bundesländer. Sie sprechen mit einer Stimme, um ihre Interessen durchzusetzen. Aus Sicht der Thüringer Fachstelle GlücksSpielSucht hat der Boom der illegalen Anbieter von Onlinecasinospielen und Sportwetten den Handlungsspielraum der Länder eingeengt. Das Thema Liberalisierung ist in der öffentlichen Diskussion wesentlich präsenter als das Thema Vermeidung von Glücksspielsucht. Dabei wird immer mehr ausgeblendet, dass es charakteristisch für den Glücksspielmarkt ist, einen Großteil der Einnahmen durch eine kleine Spielergruppe zu erzeugen. Dieser Effekt wird durch problematische und pathologische Glücksspieler verstärkt, die häufiger, länger und intensiver spielen als Gelegenheitsspieler. Vor dem Hintergrund ökonomischer Unternehmensziele erklärt dies das Interesse der Glücksspielanbieter an genau dieser Spielergruppe. Sie stellen deren beste Kundengruppe dar. Glücksspielsucht führt zu verheerenden Auswirkungen mit finanziellen, psychischen und sozialen Konsequenzen für die Betroffenen sowie für ihr Umfeld. Letztendlich erzeugen Glücksspiele massive gesamtgesellschaftliche Schäden, die ihren Nutzen nicht aufwiegen. Eine Ausnahme bilden Lotterien.

Wie sollte es aus Sicht der Thüringer Fachstelle GlücksSpielSucht weitergehen?

Der aktuelle Glücksspieländerungsstaatsvertrag gilt zunächst weiter bis 2021, spätestens dann muss ein neues Gesetzeswerk aufgelegt werden, wenn man das Glücksspielen in Deutschland nicht in einen rechtsfreien Raum entlassen will. Die Frist bis 2021 kann dabei auch eine große Chance sein, die Regelungen erneut auf den Prüfstand zu stellen, ehrlich die Konsequenzen aus der bereits erfolgten Teilliberalisierung zu beleuchten und an einer einheitlichen Regelung der 16 Bundesländer zu arbeiten. Dazu gehört aus Sicht der Fachstelle zwingend:

  • ein stärkerer Einbezug der Suchthilfe- und prävention in die Diskussion,
  • ein weiterhin bestehendes Verbot des Online-Glücksspiels und eine Stärkung des Vollzugs,
  • die Einführung der glücksspielübergreifenden Spielersperre,
  • die Anwendung der gleichen Spielerschutzanforderungen für die derzeit geduldeten Sportwettenanbieter, wie es sie für andere Anbieter riskanter Glücksspiele bereits gibt; hierzu gehört vor allen Dingen die Anbindung an das zentrale Sperrsystem,
  • eine Reform der Regelungen in der Glücksspielwerbung.

Thüringer Fachstelle GlücksSpielSucht, 18.01.2018