Zum Welt-Drogentag am 26. Juni 2016

Die Zahl der Drogentoten ist 2015 wieder gestiegen, zum dritten Mal in Folge. Die öffentliche Betroffenheit darüber ist groß. Dennoch werden Menschen, die von illegalen Drogen abhängig sind, immer noch gebrandmarkt, und ihre Abhängigkeit wird nicht als Krankheit verstanden. Drogenkonsumenten in Haft leiden besonders darunter, da sie vielfach keine angemessene Behandlung erhalten. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e.V. spricht sich dafür aus, Substitutionsprogramme für drogenabhängige Menschen in Haft umfassend und bundesweit einzusetzen.

Im vergangenen Jahr starben 1.226 Menschen in Deutschland an den Folgen ihres Drogenkonsums. Damit steigt die Zahl der Drogentoten seit drei Jahren an und hat sich seit 2012 um 282 Todesfälle (29,8 Prozent) erhöht. Bei den meisten Todesfällen war Heroinkonsum die Ursache. In Deutschland weisen rund 56.000 bis 169.000 Menschen riskante Konsummuster im Zusammenhang mit Opiaten auf.[i] Insgesamt ist der Konsum der „harten“ Drogen Heroin, Kokain und Crack jedoch rückläufig.

Größeren Zulauf hingegen finden synthetische Drogen: Amphetamin und Ecstasy (MDMA) sowie in einigen Bundesländern Crystal Meth (Metamphetamin). Dazu kommen neue psychoaktive Stoffe (NPS). Diese Substanzen ahmen die Wirkung illegaler Drogen nach. Es handelt sich bei NPS um chemische Verbindungen mit häufig wechselnden Zusammensetzungen, die als Duftsäckchen, Badesalze oder Kräutermischungen angeboten werden (so genannte Legal Highs, Herbal Highs, Badesalzdrogen oder Research Chemicals). Weder zu ihren Wirkweisen noch zu ihren Kurz- und Langzeitfolgen gibt es gesicherte Erkenntnisse.

Immer noch werden die Konsumenten harter Drogen danach beurteilt, dass ihr Suchtmittel illegal ist. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in der Drogenabhängigkeit jedoch eine Krankheit und das deutsche Sozialrecht spricht von einer vorübergehenden seelischen Behinderung. Drogenabhängige leiden also an einer behandlungswürdigen Erkrankung. Bei vielen Drogenabhängigen handelt es sich um Menschen mit schwerwiegenden psychischen Problemen, die Ursache ihres Drogenkonsums sein können. Dies wird oft übersehen. Und ihnen, die besonders darauf angewiesen sind, bleiben in der Haft häufig anerkannte medizinische Behandlungen versagt. Dazu gehört in erster Linie der Zugang zu einer Substitutionstherapie, die Gesundheitsgefahren durch Überdosierung verringert und Beschaffungskriminalität unnötig macht.

Diese Behandlung wird den Inhaftierten oftmals nicht gewährt oder bereits substituierte Drogenkonsumenten können die Behandlung nach ihrer Inhaftierung nicht fortsetzen. Drogenabhängige benötigen aber im Vollzug ganz besonders ein auf sie zugeschnittenes Angebot psychosozialer und medizinischer Maßnahmen. Auch Spritzentauschprogramme verringern die Ansteckungsgefahr mit Infektionskrankheiten (Hepatitis, HIV), werden in deutschen Haftanstalten aber kaum umgesetzt.

Drogenabhängigkeit ist eine anerkannte Erkrankung, kein moralisches Fehlverhalten. Drogenkonsumenten haben in jeder Lebenssituation das Recht auf angemessene Behandlung und die Wahrung ihrer Menschenrechte. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. fordert daher für alle Drogenkonsumenten in Haft:

  • Anerkennung des Anspruchs auf eine angemessene medizinische Behandlung,
  • bundesweite Gewährleistung des Zugangs zu Substitutionsprogrammen,
  • Verringerung der Gesundheitsrisiken durch Zugang zu Spritzentauschprogrammen,
  • Teilhabe auch für suchtkranke Inhaftierte an vollzugsinternen Möglichkeiten (Schule, Ausbildung, Aktivierungsangebote). Dazu bedarf es meist Vollzugslockerungen, von denen Suchtkranke häufig ausgeschlossen sind,
  • enge Begleitung im Übergang und Vernetzung mit Angeboten der Suchthilfe und der Straffälligenhilfe.

Pressestelle der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, 23.06.2016