Wirkfaktor Tier

„Tierische Co-Therapeuten“ erhöhen den Anteil regulärer Behandlungsabschlüsse.

Der Wirkfaktor Tier unterstützt Rehabilitanden nachweislich dabei, ihre Suchtbehandlungen regulär abzuschließen. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der entsprechenden Kennzahlen im Fachkrankenhaus Vielbach.

Die Einbeziehung von Tieren in die Suchtrehabilitation hat im Fachkrankenhaus Vielbach, einer reinen Männereinrichtung zur medizinischen und sozialen Rehabilitation von Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung, eine lange Tradition. 2008 begann man, Tiere zielgerichtet als Medium therapeutischer Interventionen einzusetzen. Pferde, Esel, Ziegen, Gänse, Hühner und Hasen werden hier von den Rehabilitanden betreut. Auch nach „Feierabend“ und an den Wochenenden.

Mit dem Erleben, Zulassen und Verbalisieren von Gefühlen tun sich viele der Vielbacher Rehabilitanden schwer. Wenn sie mit Tieren arbeiten, erweisen sich diese für sie oft als emotionale „Türöffner“. Sie befähigen die Männer auf eine ganz besondere Weise, besser von den psychotherapeutischen Interventionen der Therapie zu profieren. Tiere haben keine Vorurteile. Alles, was sie wollen, ist: „Streichle mich! Füttere mich! Spiel mit mir!“ Heilsame Begegnungen mit Tieren fördern bei den Rehabilitanden deutlich erkennbar soziale Kompetenzen, Empathie und Selbstwertgefühl. Intensive Betreuungsbeziehungen zu einem Tier ermöglichen neue emotionale, positive Bindungserfahrungen.

Zwölf Jahre nach dem Start der tiergestützten Suchtrehabilitation hat die Vielbacher Klinikleitung die Wirksamkeit ihrer „tierischen Co-Therapeuten“ einer umfangreichen Prüfung unterzogen. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 wurden unter anderem die Kennzahlen der regulär abgeschlossenen Behandlungen untersucht. Man verglich dabei den Anteil der regulären Behandlungsabschlüsse der Rehabilitanden, die in dieser Zeit mindestens zehn Wochen kontinuierlich in der Tierbetreuung eingesetzt waren, mit dem der Rehabilitanden, die nicht in der Tierbetreuung eingesetzt waren. Dabei zeigte sich, dass die Haltequote der Tierbetreuungsgruppe um 33,4 Prozent höher liegt als die der Rehabilitanden, die nicht im intensiven Kontakt mit den Tieren standen.

Klinikleiter Joachim J. Jösch und sein Team freuen sich über das Ergebnis. „Die fachgerechte Haltung und Betreuung unserer vielen Tiere verursacht großen Aufwand und Kosten. Wir waren aber immer davon überzeugt, mit dem Einsatz der Tiere in der Therapie Qualität, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Reha signifikant steigern zu können. In der medizinischen Rehabilitation wird Evidenzbasiertheit erwartet. Mit unserem aktuellen Untersuchungsergebnis kann sich der in Vielbach praktizierte Behandlungsansatz sehen lassen“, resümiert Jösch.

Fachkrankenhaus Vielbach, Joachim J. Jösch, 18.11.2020