Umgang mit komorbiden Suchtproblemen

Praxisempfehlungen_LangversionProblematischer Suchtmittelkonsum (riskanter Konsum, schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit) macht vor somatischen und psychosomatischen Rehabilitationseinrichtungen nicht Halt. Er fällt dort aber eher selten auf, und es bestehen Unsicherheiten, wie damit umgegangen werden soll. Dabei bietet die Rehabilitation gute Voraussetzungen für die Diagnostik möglicher Suchtprobleme sowie für Beratung und ggf. Vorbereitung einer weiterführenden Behandlung. Konkrete Empfehlungen für das Vorgehen in der Praxis liegen nun vor. Sie beschreiben einen mehrstufigen Prozess für Screening und Diagnostik, der gut in die Klinikabläufe integriert werden kann, und zielen auch auf die Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen ab.

Entwickelt wurden die Empfehlungen von einer multiprofessionellen Expertengruppe im Rahmen des Projektes „Praxisempfehlungen zum Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation“ am Institut für Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS) des Universitätsklinikums Freiburg. Das Projekt wurde von der Deutschen Rentenversicherung Bund in den Jahren 2014 bis 2015 gefördert und ist nun mit der Vorlage der Ergebnisse abgeschlossenen. Die Praxisempfehlungen liegen als Kurz- und Langfassung vor und werden durch einen Materialband ergänzt. Alle Dokumente stehen als PDF-Dateien auf der Homepage des AQMS (www.aqms.de > Praxisempfehlungen) zum Download bereit.

Die Praxisempfehlungen richten sich an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in somatischen und psychosomatischen Rehabilitationseinrichtungen, die nicht auf Abhängigkeitserkrankungen spezialisiert sind, und sollen dazu beitragen, die Handlungssicherheit zu erhöhen. Dies steht auch im Einklang mit der aktuellen S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen“, die eine systematische Erhöhung des Problembewusstseins in allen Versorgungsbereichen, den Ausbau von Konsil- und Liasondiensten sowie die Intensivierung von Maßnahmen zur Früherkennung fordert.

Die Praxisempfehlungen beziehen sich auf alle stoffgebundenen Suchtprobleme (Alkohol, Medikamente und illegale Drogen) mit Ausnahme von Tabak. Sie wurden in mehreren Schritten entwickelt. Neben einer umfassenden, systematischen Recherche nach relevanten Übersichtsarbeiten und Leitlinien wurden bundesweit stationäre Reha-Einrichtungen aller Indikationsbereiche (mit Ausnahme von Fachkliniken für Abhängigkeitserkrankungen) zur gegenwärtigen Praxis ihres Umgangs mit dem Thema befragt. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde im Rahmen eines Expertenworkshops eine Konsultationsfassung der Praxisempfehlungen formuliert, die schließlich mit der Bitte um Kommentierung an die ärztlichen Leitungen von stationären und ambulanten Reha-Einrichtungen (mit Ausnahme von Fachkliniken für Abhängigkeitserkrankungen und reinen Kinder- und Jugendlicheneinrichtungen) verschickt wurde. Außerdem wurde im Rahmen von Fokusgruppen mit Rehabilitanden über zentrale Aspekte der Praxisempfehlungen diskutiert. Die Anmerkungen und Kommentare wurden ausgewertet und bei der abschließenden Konsentierung der Praxisempfehlungen durch die Experten berücksichtigt.

Bibliografische Angabe:
Schlöffel, M., Mittag, O., Funke, W., Pollmann, H., Köhler, J., Blahs, A., Buschmann, H., Konitzer, M., Mariolakou, A., Muschalla, B., Orlicek, M., Peter-Höhner, S., Rösler, N., Rumpf, H.-J., Sarrazin, D., Schneider, W., Schöneck, D., Widera, T., Wiehn, T. & Worringen, U. (2016). Praxisempfehlungen zum Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation (Langfassung bzw. Kurzfassung).

Quelle: Website des AQMS https://www.uniklinik-freiburg.de/severa/praxisempfehlungen.html