Stellungnahme des buss zur Reform der Psychotherapeutenausbildung

Der Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. (buss) begrüßt das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Mit dem neuen Verfahren, das aus einem zur Approbation führenden Studium und einer nachfolgenden Weiterbildung in stationären oder ambulanten Einrichtungen besteht, wird die Ausbildung von Psychotherapeuten an die von Ärzten angeglichen. (Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger sind hiermit ausdrücklich immer alle Geschlechter gemeint.)

Der Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. möchte mit dieser Stellungnahme hervorheben, welches Potenzial das neue Gesetz für die Qualität sowohl der Psychotherapeutenausbildung als auch für die Behandlung in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitserkrankungen, Psychosomatik hat. Dieses Potenzial gründet sich auf die berufspraktischen Einsätze während des Studiums und den Einsatz der Psychotherapeuten im Rahmen der anschließenden Weiterbildung auf bereits hohem Niveau.

Die medizinische Rehabilitation stellt in den Indikationsbereichen Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik ein wichtiges Arbeitsfeld für Psychotherapeuten dar. Psychotherapie ist in diesen Bereichen sowohl im stationären als auch im ambulanten Setting ein wesentliches, hochwirksames Behandlungselement. Insbesondere Personen mit Abhängigkeitserkrankungen weisen häufig noch weitere schwerwiegende psychische Störungen auf. In der Behandlung dieser komplexen Störungsbilder hat sich die Psychotherapie über Jahrzehnte bewährt und trägt entscheidend zum Behandlungserfolg bei. Dementsprechend sind Stellen für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten mit Approbation und fachtherapeutischer Weiterbildung (VT, TP und systemisch) in den Stellenplänen der Leistungsträger (Deutsche Rentenversicherung) für Klinken der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik in ausreichender Zahl fest verankert.

Ein besonderes Qualitätsmerkmal der Weiterbildung in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker ist für die Weiterbildungsassistenten die Möglichkeit, den Entwicklungsprozess von Rehabilitanden über mehrere Monate psychotherapeutisch zu begleiten.

Psychotherapeuten, die ihre Praxisausbildung in Reha-Kliniken für Abhängigkeitserkrankungen oder Psychosomatik absolvieren, durchlaufen eine sehr anspruchsvolle Ausbildung. Gleichzeitig haben die Kliniken und Einrichtungen die Gelegenheit, geeignete Nachwuchskräfte kennenzulernen, zu qualifizieren und später als fertig ausgebildete Mitarbeiter zu gewinnen. Als Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe sprechen wir uns deutlich dafür aus, dass Psychotherapeuten ihre Weiterbildung in Kliniken der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker erbringen.

Somit ist es uns sehr wichtig, die berufspraktischen Abschnitte der Ausbildung zum Psychotherapeuten mitzugestalten und dafür Impulse zu geben. Im Folgenden haben wir wesentliche Aspekte zusammengestellt, die beim Einsatz von Psychotherapeuten in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker berücksichtigt werden sollten, um:

  • Psychotherapeuten bestmöglich auszubilden,
  • langfristig eine hohe Behandlungsqualität in Einrichtungen der Suchthilfe zu garantieren und
  • als Folge aus den ersten beiden Punkten die bestmögliche Versorgung von abhängigkeitskranken Menschen sicherzustellen und den Therapieerfolg zu erhöhen.

Außerdem wird deutlich gemacht, welche Leistungen die Reha-Kliniken erbringen, um eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung von Psychotherapeuten zu unterstützen und die genannten Ziele zu erreichen.

Wichtige Aspekte beim Einsatz von Psychotherapeuten in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik

1. Praktika im Rahmen der Hochschulausbildung

  • Sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium soll verpflichtend ein mehrwöchiges Praktikum in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitserkrankungen oder Psychosomatik erbracht werden.
  • Die medizinische Rehabilitation allgemein und die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker im Besonderen soll im Rahmen des Studiums als anspruchsvoller und interessanter Tätigkeitsbereich für Psychotherapeuten vorgestellt und ins Bewusstsein gerückt werden. Damit soll sich schon in der Ausbildung der hohe Stellenwert widerspiegeln, den die Rehabilitation im Gesamtzusammenhang des Versorgungssystems besitzt.
  • Den Studierenden wird in der medizinischen Rehabilitation eine ganzheitliche, auf die Teilhabe an der Arbeitswelt sowie am gesellschaftlichen Leben abzielende Diagnostik, Behandlungsplanung und Behandlungsdurchführung unter der besonderen Berücksichtigung der vorliegenden psychischen Erkrankungen nahegebracht.
  • Die Studierenden werden sowohl von der Hochschule als auch von der Reha-Klinik angemessen auf ihr Praktikum vorbereitet und dabei begleitet. Nach dem Praktikum erstellen die Praktikanten einen Praktikumsbericht. Die Rehabilitationseinrichtung stellt eine Bescheinigung aus, die Dauer und Inhalte des Praktikums bescheinigt.
  • Hochschule und Rehabilitationseinrichtung sollen in regem Austausch und engem Kontakt stehen, um Studien- und Praktikumsinhalte aufeinander abzustimmen. Dies unterstützt auch die Durchführung von Forschungsvorhaben in der Praxis und die Anwendung von Forschungsergebnissen.

Leistungen der Rehabilitationseinrichtung:

  • Die Klinik übernimmt Verantwortung dafür, dass der Studierende
    während des Praktikums einen wesentlichen Gewinn an Kenntnissen erfährt.
  • Die Einrichtung stellt sicher, dass der Studierende angemessen in das Arbeitsfeld eingeführt und während des Praktikums dauerhaft qualifiziert begleitet wird. Dafür stellt sie eine geeignete Mitarbeiterin oder einen geeigneten Mitarbeiter zur Verfügung.
  • Dem Praktikanten wird ein angemessener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Die Einrichtung gewährleistet, dass der Praktikant in die gängigen Arbeitsabläufe und Teamstrukturen eingebunden wird. Außerdem gewährleistet sie, dass er angemessene Aufgaben übertragen bekommt.
  • Zum Abschluss des Praktikums erstellt der Praxisanleiter eine qualifizierte Beurteilung, die mit dem Praktikanten besprochen wird.

2. Weiterbildung von Psychotherapeuten

  • Stellen für Psychotherapeuten in Weiterbildung müssen in den Stellenplänen der Reha-Einrichtungen fest verankert werden. Entsprechend sind Fachaufsicht, Supervision und Anleitung zu planen.
  • Die Weiterbildungsassistenten sind gemäß ihres Einsatzes als Psychotherapeuten und Bezugstherapeuten mit Approbation ausreichend und entsprechend der tariflichen Vorgaben zu vergüten. Für den Bereich des SGB 6 sind noch entsprechende Regelungen festzulegen.
  • Die Rahmenbedingungen (Finanzierung, Aufgaben) zum Einsatz von Psychotherapeuten in Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker werden in einem Abstimmungsprozess zwischen den Verbänden der Leistungserbringer, den Kostenträgern, den zuständigen Kammern und den Weiterbildungsinstituten vereinbart. Die konkrete Ausgestaltung regeln die einzelnen Rehabilitationseinrichtungen in direkter Absprache mit dem federführenden Leistungs-/Kostenträger.
  • In Bezug auf die Dauer der Anerkennung als Weiterbildungsstätte müssen Einrichtungen der medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker Reha-Einrichtungen anderer Indikationen gleichgestellt werden. Das bedeutet, dass die Weiterbildungsermächtigung für nicht weniger als ein Jahr anerkannt wird, damit die Psychotherapeuten in Weiterbildung dort ausreichend lange ihre Ausbildung absolvieren können.
  • Die Reha-Kliniken erfüllen die vereinbarten Strukturvorgaben, z. B. stehen geeignete Praxisanleiter (Fachpsychotherapeuten aus den Richtlinienverfahren) für Theorie, Praxis und Supervision zur Verfügung, es liegen ausreichende Fallzahlen mit einem differenzierten Fallspektrum vor, die Einrichtungen sind als Weiterbildungsstätten anerkannt.
  • Zwischen Reha-Einrichtung und Weiterbildungsinstitut soll ein regelhafter Austausch bestehen.

3. Qualität der psychotherapeutischen Aus‐ und Weiterbildung

Um gemeinsam mit den Hochschulen und den Weiterbildungsinstituten die Qualität der psychotherapeutischen Aus‐ und Weiterbildung zu sichern, stellen sich die Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker der regelhaften Überprüfung.

Als Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe und damit als Expertinnen und Experten für die stationäre und ganztägig ambulante Entwöhnungsbehandlung ist es unser Ziel, konstruktiv die Weiterentwicklung der Psychotherapeutenausbildung zu unterstützen. Unser konkreter Beitrag hierfür besteht in der Bereitstellung eines hoch spannenden, anspruchsvollen Tätigkeitsbereichs und natürlich im Angebot zur Teilnahme an entsprechenden Expertenrunden.

Wir appellieren explizit an die Universitäten und Landesärztekammern, von der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik als wichtigem Praxisfeld in der Psychotherapeutenausbildung zu profitieren!

  • gez. Dr. Wibke Voigt, Vorstandsvorsitzende Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V.
  • gez. Gero Skowronek, Geschäftsführer Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V.

Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. (buss)
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Tel. 0561/77 93 51 | Fax 0561/10 28 83
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