Stationäre Rehabilitation bei Pathologischem Glücksspiel erfolgreich

CoverDer Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe (buss) und die Grüsser-Sinopoli-Ambulanz für Spielsucht der Universitätsmedizin Mainz haben mit Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit das Forschungsprojekt „Katamnese-Erhebung zur stationären Rehabilitation bei Pathologischem Glücksspiel“ durchgeführt, um Effekte der stationären Behandlung von Patienten mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel genauer zu untersuchen.

Die Wirksamkeit der stationären Reha bei Pathologischem Glücksspiel konnte in Deutschland bislang nur in eingeschränktem Umfang vertieft untersucht werden. Die hierzu verfügbaren Studien unterliegen häufig methodischen Schwächen, wie etwa einer eingeschränkten Operationalisierung von Behandlungszielkriterien (Endpunkten) oder Selektionseffekten auf Grund geringer Rückläuferquoten. Eine routinemäßige Wirksamkeitsüberprüfung im Rahmen der Standardkatamnese gemäß KDS (Deutscher Kerndatensatz) gestaltet sich zudem oft als schwierig, da die hierzu verfügbaren Fragen vor allem für den Bereich der Substanzabhängigkeit formuliert sind. Ziel des gemeinsamen Forschungsprojekts war die Entwicklung und Durchführung einer spezifischen Katamnese für Patienten mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel. Unter sorgfältiger Definition relevanter und gleichzeitig störungsspezifischer Endpunkte sollte eine möglichst objektive Quantifizierung der Effekte einer stationären Rehabilitation evaluiert werden. Zu diesem Zweck wurden innerhalb eines Jahres mittels eines multizentrischen Messwiederholungsdesigns mit drei Wellen (vor und nach der Therapie sowie ein Jahr nach Therapieende) Daten von 402 Patienten mit der Erstdiagnose Pathologisches Glücksspiel erhoben. Die erzielte Rücklaufquote zum Follow-up belief sich auf 67,7 Prozent.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass 69 Prozent der Patienten im Follow-up nicht mehr die diagnostischen Kriterien des Pathologischen Glücksspiels erfüllen, obgleich die Abstinenzquoten (nach DGSS 1) mit 40,7 Prozent deutlich unter diesem Wert liegen. Hinsichtlich der sekundären Endpunkte erwies sich, dass bei allen Patienten nach der Therapie eine signifikante Verminderung der psychopathologischen Symptombelastung und des Cravings zu verzeichnen war. Sehr hohe Effektstärken im Follow-up waren hinsichtlich der Erhöhung des psychosozialen Funktionsniveaus zu beobachten. Die vor Therapieantritt erlebte psychosoziale Symptombelastung sagte teilweise den zu erwartenden Therapieerfolg voraus, ebenso wie der Persönlichkeitsfaktor Extraversion. Innerhalb der Gruppe der erfolgreich austherapierten Patienten zeigte sich zudem eine Nachreifung in den erhobenen Persönlichkeitsmerkmalen. Die Ergebnisse deuten auf eine insgesamt gute Therapierbarkeit des Pathologischen Glücksspiels durch die suchtspezifischen Therapiekonzepte der partizipierenden Kliniken hin. Vor dem Hintergrund, dass ca. ein Drittel der Patienten nach zwölf Monaten noch die Kriterien des Pathologischen Glücksspiels erfüllt, erscheint eine tiefergehende Charakterisierung dieser Klientel notwendig, um eine spezifische Adaption der bestehenden Therapiestrukturen im Indikationsfall realisieren und Rückfälle vermeiden zu können.

Im Rahmen der nächsten Wissenschaftlichen Jahrestagung des buss  (16./17. März 2016) werden die Ergebnisse im Einzelnen vorgestellt und im Hinblick auf ihren Nutzen für die Weiterentwicklung der klinikinternen Therapiekonzepte diskutiert. Der Abschlussbericht zur Studie steht hier zum Download bereit.

buss, 15.10.2015