Schluss mit dem Stigma!


Rund drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Deutschland mit mindestens einem suchtkranken Elternteil auf. Auf ihre Situation und auf mögliche Hilfsangebote soll die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien (COAs) vom 12. bis 18. Februar mit mehreren Dutzend Veranstaltungen aufmerksam machen. Schwerpunktthema ist diesmal der Kampf gegen die Stigmatisierung von Suchtkranken und ihren Angehörigen. Schirmherr ist der Sänger und Songwriter Max Mutzke, der mit einer suchtkranken Mutter aufgewachsen ist. Organisiert wird die Aktionswoche von NACOA Deutschland. Die Interessenvertretung für Kinder aus suchtbelasteten Familien lädt unter anderem zum Auftakt der Aktionswoche für den 10. Februar zu einer öffentlichen Diskussion mit Bundestagsabgeordneten zum Thema Entstigmatisierung ein.

„Die Krankheit der Erwachsenen belastet ihre Kinder auf vielfältige Art und Weise, auch wegen der Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen“, erklärte NACOA Deutschland aus Anlass der Aktionswoche. Denn das Stigma verstärke den vermeintlichen Zwang zum Schweigen und Tabuisieren der Krankheit innerhalb und außerhalb der Familie. „Die Hürde zum möglicherweise rettenden Gespräch mit Außenstehenden und zu Hilfsangeboten wird so noch höher.“

Fachleute fordern schon seit langem eine Anti-Stigmatisierung von Suchtkranken. Auch der Bundestag hat bereits 2017 die Dringlichkeit erkannt und beschlossen, Maßnahmen zur Entstigmatisierung von psychischen Krankheiten zu ergreifen. Zum Auftakt der Aktionswoche hat NACOA Deutschland daher die Fachpolitkerinnen Linda Heitmann (Bündnis 90/Die Grünen, gesundheitspolitische Sprecherin) und Ulrike Bahr (SPD, Vorsitzende Ausschuss Familie, Frauen, Jugend und Senioren) aus dem Bundestag eingeladen, um nachzuhaken und zu fragen, was die Politik plant, um die Situation von Kindern suchtkranker Eltern zu verbessern. Die einstündige öffentliche Diskussion, an der auch der Stigmatisierungsforscher Sven Speerforck (Uniklink Leipzig) und NACOA-Vorstandsmitglied Christina Reich ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen, beginnt am 10. Februar online um 10.00 Uhr via Zoom, eine Teilnahme ist unter folgendem Link möglich: https://us02web.zoom.us/j/87493566009

„Leider ist das Thema Entstigmatisierung nicht das einzige, das wir gemeinsam weiter angehen wollen und müssen, um die Situation für suchtbelastete Familien zu verbessern“, erklärt NACOA Deutschland. Offen sei weiterhin die Frage, wie ein regelfinanziertes und flächendeckendes Netz der Hilfe geschaffen werden kann. Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in einer suchtbelasteten Familie auf. Deshalb reichen die rund zweihundert bestehenden Einrichtungen lange nicht aus. Bund, Länder und Kommunen stehen weiterhin in der Pflicht, die Versorgungslücke zu schließen.

Diesen Zielen dienen auch mehrere Dutzend Veranstaltungen im ganzen Bundesgebiet zwischen dem 12. und 18. Februar. Einrichtungen der Sucht- und Jugendhilfe sowie Verbände und Initiativen in ganz Deutschland wollen dem Thema die notwendige Aufmerksamkeit verschaffen, Wissen vermitteln und betroffenen Familien und den Kindern Wege zu Hilfe und Genesung weisen. Alle Veranstaltungen sind zu finden unter www.coa-aktionswoche.de. Zeitgleich findet eine entsprechende Aktionswoche auch in Großbritannien statt, einige Wochen später in der Schweiz.

NACOA Deutschland initiiert zusätzlich zur politischen Auftaktveranstaltung drei weitere Aktionen. Schirmherr Max Mutzke, unter anderem bekannt durch seine erfolgreiche Teilnahme am Eurovision Song Contest 2004, wird am 14. Februar ab 10.00 Uhr in einem INSTA-Live-Interview über das Leben mit seiner alkoholkranken Mutter berichten und die Fragen der Zuschauenden beantworten. Am 17. Februar von 13.30 bis 15.00 Uhr werden erwachsene Kinder, die in suchtbelasteten Familien aufgewachsen sind, über ihre Erfahrungen berichten, aber auch darüber, was ihnen in dieser Situation geholfen hat. Zudem wird die neue AG Erwachsene Kinder von NACOA Deutschland über ihre Ziele berichten. Nicht zuletzt soll eine Social Media-Kampagne während der Aktionswoche unter dem Hashtag #SCHLUSSMITDEMSTIGMA die diesjährige Hauptforderung unterstützen.

Alle Informationen zu Veranstaltungen und Anregungen zum Mitmachen finden sich auf der Website www.coa-aktionswoche.de.

Die Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung finanziert durch die GKV. Die Initiatoren danken der GKV für ihre Unterstützung!

Pressestelle von NACOA Deutschland e.V., 8.2.2023