Rehabilitation von Suchtkranken: extrem erfolgreich, chronisch unterfinanziert

Beim Spitzengespräch in Stuttgart: Vertreter der DRV Baden-Württemberg und von Suchtklinik-Trägern. Foto©DRV Baden-Württemberg

Beim Spitzengespräch in Stuttgart: Vertreter der DRV Baden-Württemberg und von Suchtklinik-Trägern. Foto©DRV Baden-Württemberg

Die Rehabilitation von Suchtkranken ist für betroffene Menschen die bestmögliche Behandlung und auch aus volkswirtschaftlicher Sicht extrem erfolgreich. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg sieht dennoch Behandlungsplätze bedroht. In einem Spitzengespräch zwischen der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und den Trägern von Suchtkliniken in Stuttgart wurde erneut festgestellt, was in Fachkreisen schon lange bekannt ist: Die Rehabilitation von Suchtkranken ist äußerst erfolgreich.

Das belegen Daten eindrucksvoll: So bleiben beispielsweise rund zwei Drittel der alkoholabhängigen Patientinnen und Patienten nach der Behandlung abstinent. Die Daten der Rentenversicherung bestätigen die Behandlungserfolge: Etwa 85 Prozent der behandelten Personen stehen nach der Therapie wieder im Erwerbsleben und zahlen Sozialversicherungsbeiträge.

Damit ist die abstinenzorientierte medizinische Rehabilitation die erfolgreichste Therapieform für Suchtkranke. Für andere Behandlungsformen liegen noch keine entsprechenden Wirksamkeitsnachweise vor. Daher empfehlen auch die gerade erschienenen Leitlinien für Alkoholabhängigkeit eine psychotherapeutisch orientierte Entwöhnungsbehandlung, wie sie erfolgreich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation angeboten wird.

Die Gesprächspartner in Stuttgart sehen indes das Erfolgsmodell gefährdet: Zum einen finden in den letzten Jahren immer weniger betroffene Menschen den Weg in die Suchtrehabilitation. Über die Gründe sind sich die Experten noch nicht im Klaren. Gemeinsam soll das nun analysiert werden, Verbesserungsmaßnahmen stehen an. Die Suchtberatung müsse ausgebaut, das Antrags- und Bewilligungsverfahren vereinfacht werden. Wichtig sei auch, unterstreicht Hubert Seiter, Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, die Arbeitswelt für das Thema Sucht zu sensibilisieren und die guten Erfolge dort zu vermitteln.

Zudem droht dem Versorgungssystem das Geld auszugehen, beklagt Seiter. Die Rentenversicherung darf aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht so viel Geld für medizinische Rehabilitation ausgeben, wie sie für erforderlich hält: Das Reha-Budget und die Suchtbehandlung im Besonderen ist vom Gesetzgeber gedeckelt. Als Ausweg bleibt nur, die Ablehnungsquote generell zu erhöhen oder die Behandlungskosten zu drücken. Diese Unterfinanzierung führte in den letzten Jahren zu einem Investitionsstau in den Kliniken. Qualitätssichernde Sanierungen konnten nicht vorgenommen werden, Rentenchef Seiter kritisiert diese Situation schon seit langem: „Es ist inzwischen allen Fachleuten bekannt, dass die Reha generell unterfinanziert ist. Aber uns sind leider die Hände gebunden, solange unser Reha-Budget gedeckelt ist“, betont er. Er halte es für dramatisch, wenn dadurch Kliniken schließen müssten und „wir den betroffenen Versicherten zukünftig nicht mehr genügend Behandlungsplätze zur Verfügung stellen können.“ Sein Rat an die Politik: „Jetzt mehr in die Reha, auch Sucht-Reha, zu investieren. Das rechnet sich langfristig mehrfach.“

Seiter fordert eine deutliche Steigerung oder den Wegfall des „Reha-Deckels“. Die Kostenkritiker fordert er auf, eine medizinische Komplettlösung in Deutschland zu nennen, „bei der die Gesamtkosten, also auch Bau- und Investitionskosten, mit täglich durchschnittlich rund 120 Euro Kosten für eine Behandlung finanziert werden.“

Pressestelle der DRV Baden-Württemberg, 19.06.2015