Prävention von Drogentodesfällen

Die Zahl der Todesfälle durch Rauschgift steigt in Deutschland seit Jahren. Viele Experten sehen im sogenannten Drug-Checking einen Ansatz, um gegenzusteuern. Dabei können Konsumierende mitgebrachte Substanzen legal auf die Inhaltsstoffe prüfen lassen. Der Bundestag erteilte den Bundesländern 2023 die Erlaubnis, entsprechende Modelle für Drug-Checking einzurichten. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) am Klinikum Nürnberg will die Chancen solcher Angebote für Nürnberg nun zusammen mit der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (Ohm) wissenschaftlich untersuchen. Das Förderprogramm DATIpilot (DATI = Deutsche Agentur für Transfer und Innovation) des Bundesforschungsministeriums unterstützt das Vorhaben. Weitere Beteiligte sind die örtliche Suchthilfe und die Hochschule Ansbach.

Die Studie „Gesundheitsförderung durch Evidenzbasiertes Drug-Checking in Nürnberg – EviDriN“ wird der Frage nachgehen, ob und in welcher Form Drogen-Checks in der örtlichen Szene Leben retten könnten. Die Hochschule Ansbach begleitet „EviDriN“ wissenschaftlich. Ebenso sind die örtlichen Suchthilfeorganisationen mudra e.V. und Lilith e.V. an der Umsetzung beteiligt.

„Einer der größten Risikofaktoren für einen Drogentod ist der unbekannte Reinheitsgrad des Stoffs“, erläutert Jan Welker, Oberarzt in der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Nürnberg Nord und einer der Initiatoren. „Zu hohe Reinheit oder auch Verunreinigungen werden zur Lebensgefahr, wenn der Konsumierende es falsch einschätzt.“ Der Notfallmediziner hat 2021 das „Nürnberger Modell“ mitbegründet, ein Forschungsnetzwerk für eine verbesserte Versorgung Suchtkranker. Ein Ziel ist dabei die Entlastung von Rettungsdiensten und Kliniken in der Region. Die extrem aufwändige Versorgung von Menschen mit lebensbedrohlichen Drogenvergiftungen beansprucht in Notaufnahmen und Intensivstationen viele Ressourcen, die dann für andere Patienten fehlen.

Prof. Dr. Christian Ghanem von der Fakultät Sozialwissenschaften der Ohm erläutert: „Eine zweite Zielsetzung von Drug-Checking ist das Monitoring, um einen evidenzbasierten Einblick in konsumierte Substanzen zu bekommen. So können Entwicklungen wie zum Beispiel der aktuelle Anstieg bei risikoreichen synthetischen Cannabinoiden oder Fentanylen erkannt werden. Passgenaue und lebensrettende Maßnahmen der Gesundheitsprävention können so entwickelt werden.“

Prof. Dr. habil. Sebastian Sauer, Professor für Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt Statistik und Data Science an der Hochschule Ansbach, ergänzt: „Wir als Hochschule Ansbach freuen uns, dass wir Wissenschaft, Medizin und Praxis in diesem Projekt zusammenbringen und unseren Teil für einen Erfolg dieses wichtigen Themas beitragen können.“

Die Untersuchung zum Drug-Checking erhält im neuen Programm „DATIpilot“ des Bundesforschungsministeriums eine Fördersumme in sechsstelliger Höhe für eineinhalb Jahre. In dem Wettbewerb für innovative Lösungsansätze bei gesellschaftlichen Herausforderungen waren bundesweit 3.000 Bewerbungen aus verschiedensten Disziplinen eingegangen. 150 davon wurden bei regionalen „Pitches“ wegen ihres besonders hohen Innovationspotenzials ausgewählt.

Beim „Nürnberger Modell – Prävention, Akutversorgung und Nachsorge von Drogennotfällen“ handelt es sich um ein Projekt der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität und des Klinikums Nürnberg mit Hochschulen, Drogenhilfsorganisationen und dem Sozialamt der Stadt Nürnberg. Die Ohm, die Evangelische Hochschule Nürnberg, die Hochschule Ansbach sowie mudra e.V. und Lilith e.V. sind Kooperationspartner. Ziel des 2021 gestarteten „Nürnberger Modells“ ist ein Versorgungssystem für Menschen mit Suchterkrankungen nach pragmatisch-akzeptierenden Kriterien. Seine interdisziplinäre Forschungsgruppe analysiert in Studien die lokale Situation der Drogenabhängigen und entwickelt Maßnahmenbündel für die Vorbeugung und Versorgung von Drogennotfällen.

Pressestelle der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg, 29.2.2024