Online-Befragung unter Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen

Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (KJPP) des Universitätsklinikums Ulm (UKU) führt eine Online-Befragung bei Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen durch, um deren Erfahrungen im Umgang mit Patient:innen mit extremistischer Einstellung zu sammeln. Aus den Ergebnissen werden Angebote abgeleitet, die Qualifikation, Weiterbildung und Vernetzung der Fachkräfte verbessern sollen.

Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen haben während einer Behandlung oder Therapie immer wieder Kontakt zu Patient:innen und Angehörigen, die eine extremistische Einstellung vertreten. Dieses Thema ist für die Forschenden der KJPP aktueller denn je. „Viele Menschen fühlen sich beispielweise im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie von extremistischen Gruppen angesprochen“, weiß Dr. Thea Rau, Forschungsgruppenleiterin und Projektleiterin an der KJPP. „Psychische Erkrankungen sind unter radikalisierten Personen aber grundsätzlich nicht stärker verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung. Wenn jedoch psychische Erkrankungen mit extremistischer Einstellung zusammentreffen, kann daraus eine höhere Gewaltbereitschaft resultieren, zum Beispiel bei einer paranoiden Schizophrenie oder bestimmten Persönlichkeitsstörungen“, so Dr. Rau weiter.

Zudem gehen mit Radikalisierungsprozessen häufig erhebliche psychische Belastungen einher, die oftmals auch behandlungsbedürftig sind. Um Fachkräfte im Umgang mit diesen Patient:innen besser unterstützen zu können, hat die KJPP nun ein neues Projekt ins Leben gerufen. Fachkräfte haben dabei die Möglichkeit, an einer deutschlandweiten Online-Befragung teilzunehmen. Dabei stehen ihre Erfahrungen mit Patient:innen mit extremistischer Einstellung und deren Angehörigen sowie der Schulungsbedarf zu diesem Thema im Fokus. Auch Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen, die keinen Kontakt mit solchen Personengruppen haben, können an der Befragung teilnehmen.

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Die Ergebnisse der anonymen Befragung bilden die Grundlage, um anschließend passgenaue Angebote für Fachkräfte in medizinischen Berufen zu gestalten. So soll etwa ein E-Learning-Programm entwickelt werden, das Fachkräfte im Umgang mit extremistischen Einstellungen von Patient:innen und Angehörigen weiterbildet und qualifiziert.

„Unser Ziel ist es, mehr Sicherheit bei der Behandlung solcher Patientinnen und Patienten und im Umgang mit deren Angehörigen zu vermitteln. Darüber hinaus möchten wir Angehörige von Heilberufen noch besser in die Netzwerkarbeit einbinden“, erklärt PD Dr. Marc Allroggen, der zusammen mit Dr. Rau die Forschungsgruppe leitet. „Ein Netzwerk zur Extremismus-Prävention gibt es bereits, vor allem aus Fachberatungsstellen zur Deradikalisierung und den Sicherheitsbehörden“, so Dr. Allroggen weiter. „Von diesem Austausch und der qualifizierten Weiterbildung profitieren nicht nur die Fachkräfte und die Betroffenen, sondern letztendlich die gesamte Gesellschaft.“

Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.

Pressestelle des Universitätsklinikums Ulm, 10.03.2022