„Helfen statt wegschauen“
Der missbräuchliche Konsum von Alkohol und anderen Suchtmitteln verursacht in vielen gesellschaftlichen Bereichen und Altersgruppen ein Fülle von Problemen. Davon ist die Arbeitswelt nicht ausgenommen. Fehlzeiten, konsumbedingte Arbeitsunfälle, Leistungsminderung oder auch Konflikte mit Kolleg:innen und Vorgesetzten stellen eine kleine Auswahl an Beispielen für alkoholbedingte Probleme am Arbeitsplatz dar. Betriebliche Programme zur Suchtprävention und Suchthilfe mit dem Ziel der frühzeitigen Intervention bei Auffälligkeiten haben eine lange Tradition. Ganz frisch aktualisiert wurden gerade die „Qualitätsstandards in der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS)“, die als umfassendes Handbuch auf der Webseite der DHS zu finden sind. Sie liefern ein fachlich und rechtlich abgestimmtes Konzept als Handreichung für die betriebliche Praxis, um das betriebliche Angebot an den Bedarf anzupassen.
Breites Aufgabenspektrum
In vielen Betrieben hat sich neben der hauptamtlichen Gesundheits- und Sozialberatung die nebenamtliche betriebliche Suchtarbeit etabliert. Die nebenamtlichen betrieblichen Suchtberater:innen üben ihre Tätigkeit im Nebenamt zu ihrer hauptberuflichen Beschäftigung im Betrieb aus. Aufgrund ihrer suchtspezifischen Qualifikation und mit Unterstützung der Leitungs- und Führungskräfte können sie einen nachhaltigen Beitrag zur Suchtprävention und zur betrieblichen Suchthilfe leisten. In den letzten Jahren haben sich der Aufgabenzuschnitt und die Zuständigkeiten im Betrieb weiter ausdifferenziert bzw. weiter an die Betriebsspezifika angepasst, und die qualifizierten Mitarbeitenden finden sich in der Betriebssystematik als kollegiale Ansprechpersonen, soziale Ansprechpersonen oder auch als Ansprechpersonen für Suchtfragen wieder.
Unabhängig davon, wie der innerbetriebliche Titel lautet, eint alle nebenamtlichen betrieblichen Suchtberater:innen ein breites Aufgabenspektrum: Sie beraten Betroffene und Führungskräfte umfassend bei Auffälligkeiten und ebnen den Weg in das Hilfesystem. Sie informieren und unterweisen regelmäßig die Beschäftigen und sensibilisieren sie für das Thema. Im Rahmen von Gesundheitstagen bieten sie z. B. auch Kooperationsmöglichkeiten mit externen Dienstleistern aus dem Hilfesystem an. Nicht fehlen dürfen die betrieblichen Ansprechpersonen in den Steuerkreisen Gesundheit und Sucht, bei der Erarbeitung von betrieblichen Regelungen für den Bereich Gesundheit und Sucht wie auch bei den Bemühungen um Vernetzung und Kooperation der innerbetrieblichen Gremien mit externen Facheinrichtungen und Netzwerken der Suchthilfe.
Die Tätigkeit der betrieblichen Ansprechpartner:innen für Suchtfragen setzt umfassende Kompetenzen und Fertigkeiten voraus, um sich bei den komplexen und teilweise widersprüchlichen Interessen im Betrieb behaupten zu können. Dazu ist eine einschlägige Qualifizierung notwendig, die sich idealerweise an den „Qualitätsstandards in der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V.“ ausrichtet.
Basisseminar „Ausbildung Nebenamtliche Betriebliche Suchtarbeit“ in Hamburg
Mitarbeitende, die sich für eine Fortbildung zum Thema nebenamtliche betriebliche Suchtarbeit interessieren, können inzwischen aus einer Vielzahl von Anbietern für eine solche Qualifikation wählen. Im norddeutschen Raum hat sich u. a. das Basisseminar „Ausbildung Nebenamtliche Betriebliche Suchtarbeit“ der Unternehmensberatung für Betriebliche Suchtarbeit in Hamburg etabliert. Herausragendes Merkmal des Seminars ist eine „Ausbildung vor Ort“. Durch eine enge Kooperation mit unterschiedlichsten Facheinrichtungen für Suchterkrankungen im Großraum Hamburg ist es gelungen, den Seminarablauf so zu gestalten, dass wesentliche Inhalte in den Einrichtungen der praktischen Suchtarbeit vermittelt werden. Neben dem direkten Einblick in Behandlungsprozesse kann auf diesem Weg an geeigneter Stelle auch der Kontakt und der Austausch mit Betroffenen, die sich im Hilfesystem befinden, hergestellt werden. Diese Begegnungen führen nach unserer Erfahrung zu sehr nachhaltigen Erlebnissen und Erfahrungsprozessen, die sich positiv auf die Seminararbeit und die spätere Praxis in der nebenamtlichen betrieblichen Suchtarbeit auswirken. So ganz nebenbei wird natürlich die dringend erforderliche Netzwerkarbeit belebt, und es werden Kontakte für die spätere Kooperation mit dem Hilfesystem geknüpft.
Inhaltlich werden im Basisseminar Informationen zu Suchtmitteln, Entwicklungsprozessen und Konsummustern vermittelt. Darüber hinaus nehmen die Themen „Rollenklärung in der Funktion als betriebliche:r Ansprechpartner:in“ sowie insbesondere „Auf- und Ausbau der persönlichen Beratungskompetenzen“ einen großen Raum in der Qualifizierung ein. Wenn hier solide Grundlagen für die Arbeit geschaffen werden, dann stehen die Chancen gut, dass die Ansprechpartner:innen auch tatsächlich im Betrieb angesprochen werden und in ihrer Funktion präsent sind. Dann können Betroffene, am Thema interessierte Personen und Führungskräfte bei ihnen angemessen und zielorientiert Unterstützung finden.
Die nächste Möglichkeit, sich zur/zum nebenamtlichen betrieblichen Suchtberater:in ausbilden zu lassen, besteht ab 22. März 2023 in Hamburg. Dann startet die nächste Basisausbildung „Nebenamtliche Betriebliche Suchtarbeit“. Anmeldeschluss ist der 15. Februar 2023. Mehr Infos unter www.betriebliche-suchtarbeit.de oder beim Autor.
Kontakt zum Autor:
Rodger Mahnke
Tel. 0151 14659501
kontakt@betriebliche-suchtarbeit.de
https://betriebliche-suchtarbeit.de/
Text: Rodger Mahnke, Januar 2023