Erstmals Entscheidung für leistungsgerechtere Vergütung
Weil sich eine Rehaklinik der Dr. Becker Klinikgruppe nicht mit den Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen über die Vergütung einigen konnte, kündigte sie die bestehenden Vereinbarungen nach § 111 Abs. 5 SGB V und rief die Landesschiedsstelle an. Die Fortentwicklung der Vergütungspauschalen dürfe sich nicht allein an der Veränderungsrate orientieren, so die Klinikvertreter. Vielmehr gebe die aktuelle Rechtsprechung vor, dass auch die Kosten einer Klinik mit zu berücksichtigen seien. Eine entsprechende Vorgehensweise hatte der 6. Senat des Bundessozialgerichts zur Ermittlung von Vergütungen für Leistungen von sozialpsychiatrischen Zentren entwickelt. Dabei sollen die Vergütungen den Grundsatz der Beitragsstabilität berücksichtigen, aber auch angemessen und leistungsgerecht sein. Die Schiedsstelle folgte der Forderung der Klinik und erklärte, das Vorgehen sei auf Vergütungen für Reha-Einrichtungen übertragbar.
Die Klinik hatte für die Kardiologie eine Erhöhung des Vergütungssatzes ab April 2015 und nochmals ab Januar 2016 beantragt. Ebenfalls beantragt wurde eine Erhöhung für die Psychosomatik. Für die Kardiologie folgte die Schiedsstelle dem Antrag ab April 2015, für die Psychosomatik sprach sie der Klinik ebenfalls eine Anhebung zu. Zum Januar 2016 kam die Schiedsstelle zwar nicht den Forderungen der Klinik nach, stimmte aber einer Erhöhung, basierend auf dem aktiva-Gutachten 2015, zu. Beide Vergütungssätze liegen deutlich über den Angeboten der Krankenkassen. Bei ihrer Entscheidung hatte die Schiedsstelle nicht nur die Selbstkosten der Klinik berücksichtigt, sondern unter anderem auch die Personalkosten und einen Unternehmerlohn in Höhe der Veränderungsrate anerkannt. Weiter stellte die Schiedsstelle fest: Bei einer kostenorientierten Preisfindung müssen die ermittelten Preise mit denen anderer Anbieter vergleichbar sein.
Schiedsstellen stehen inzwischen in allen Bundesländern zur Verfügung. Das Manko: Bisher waren die Spruchpraxis uneinheitlich und Entscheidungen wegen fehlender Transparenz schlecht nachvollziehbar. Das könnte sich nun ändern. Denn erstmals wurde die Schiedsstellenentscheidung auch öffentlich publiziert. Erschienen ist sie in der Fachzeitschrift „Kranken- und Pflegeversicherung – Rechtspraxis im Gesundheitswesen“ in der August-Ausgabe 2016. Die DEGEMED begrüßt die aktuelle Entwicklung. Sie ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Leistungsgerechtigkeit bei Vergütungsvereinbarungen in der medizinischen Rehabilitation.
Quelle: DEGEMED news Nr. 57, Oktober 2016, S. 5
Mehr zum Thema lesen Sie im Interview mit Dr. Ursula Becker, geschäftsführende Gesellschafterin der Dr. Becker Klinikgruppe. Das Interview ist den DEGEMED news (Nr. 57, Oktober 2016, S. 4-5) entnommen. Link zum Interview