Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland

Mehr als 35 Millionen erwachsene Frauen leben in Deutschland. Ihre Lebenslagen sind sehr unterschiedlich. Alter, Bildung, Berufstätigkeit, Einkommen, Familienform, kultureller Hintergrund und viele weitere Aspekte tragen dazu bei. All diese Faktoren haben auch Einfluss auf die Gesundheit. Und ebenso, wie die sozialen Lebenslagen sehr vielfältig sind, ist auch die gesundheitliche Lage der Frauen sehr unterschiedlich.

Im Dezember 2020 ist der neue Frauengesundheitsbericht der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) am Robert Koch-Institut „Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland“ erschienen. Der Bericht informiert in neun thematischen Kapiteln auf 400 Seiten umfassend über den Gesundheitszustand, das Gesundheitsverhalten und die Gesundheitsversorgung von Frauen in Deutschland. Auch auf Tabak- und Alkoholkonsum von Frauen (im Unterschied zu den Männern) geht der Bericht ausführlich ein (S. 106 – 120).

Im Folgenden werden zu jedem der großen Themen-Kapitel die wichtigsten Ergebnisse wiedergegeben:

Überblick über die Gesundheit der Frauen in Deutschland

  • Die Lebenserwartung von Frauen steigt seit vielen Jahrzehnten an, allein seit 1991 um 4,3 auf nunmehr 83,3 Jahre.
  • Nach der deutschen Wiedervereinigung war der Anstieg der Lebenserwartung in den neuen Ländern stärker als in den alten; dort liegt die Lebenserwartung von Frauen inzwischen geringfügig über der von Frauen in den alten Ländern.
  • Die häufigsten Todesursachen bei Frauen sind ischämische Herzkrankheiten, Demenz sowie zerebrovaskuläre Krankheiten.

Mädchengesundheit

  • In der Kindheit sind Mädchen gesünder und medizinisch unauffälliger als Jungen, im Jugendalter kehrt sich das Verhältnis um.
  • Im Jugendalter sind Mädchen häufiger als Jungen von Schmerzen und psychischen Problemen betroffen.
  • Die subjektiv eingeschätzte Gesundheit ist im Jugendalter bei Mädchen schlechter als bei Jungen.
  • Die erste Menstruation haben Mädchen heute deutlich früher als ihre Mütter. Dagegen hat sich das Alter beim ersten Geschlechtsverkehr nach hinten verschoben.
  • Mädchen (und Jungen) verhüten heute gewissenhafter als noch vor zehn Jahren. Beim Thema Aufklärung wächst die Bedeutung des Internets.

Gesundheit von Frauen zwischen Erwerbs- und Familienarbeit

  • Viele Frauen im erwerbsfähigen Alter stehen vor der Aufgabe, Berufstätigkeit, Kindererziehung und/oder die Pflege von Angehörigen miteinander zu vereinbaren.
  • Nicht erwerbstätige Frauen schätzen ihren allgemeinen Gesundheitszustand häufig schlechter ein als erwerbstätige Frauen; dies gilt auch für Mütter mit minderjährigen Kindern.
  • Konflikte hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehen bei Müttern mit minderjährigen Kindern mit einer schlechteren Gesundheit einher.
  • Junge Mütter, alleinerziehende Mütter, arbeitslose Frauen sowie Frauen, die Angehörige pflegen, sind besonderen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt.
  • Eine nachhaltige Familien-, Sozial- und Arbeitspolitik kann dazu beitragen, eine Balance zwischen Erwerbs- und Familienarbeit zu schaffen, und so die Gesundheit von Frauen im mittleren Erwachsenenalter fördern.

Gesundheit älterer Frauen

  • Fast die Hälfte der Frauen ab 65 Jahren bewertet ihre Gesundheit als gut oder sehr gut. Im Zeitverlauf zeichnet sich ein Trend hin zu besserer subjektiver Gesundheit ab.
  • Im Alter sind deutlich mehr Frauen als Männer alleinlebend, dennoch sind sie nicht häufiger
  • einsam als Männer.
  • Die im Alter am meisten verbreiteten psychischen Erkrankungen sind Demenz und Depression; sie betreffen jedoch meist erst Frauen im hohen Alter ab 85 Jahren.
  • Ab einem Alter von 75 Jahren ist bei älteren Frauen die Angst vor Stürzen weiter verbreitet als Sturzerfahrungen.
  • Rund die Hälfte der älteren Frauen ab 65 Jahren hat eine Patientenverfügung bzw. Vorsorgevollmacht, mehr als jede Dritte eine Betreuungsverfügung.

Gesundheit von Frauen mit Migrationshintergrund

  • Frauen mit Migrationshintergrund sind eine heterogene Gruppe; die Datenlage zur Gesundheit ist unzureichend.
  • Soziodemografische und migrationsspezifische Faktoren beeinflussen die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten von Frauen mit Migrationshintergrund.
  • Frauen mit Migrationshintergrund sind im Vergleich zu Frauen ohne Migrationshintergrund seltener von bestimmten chronischen körperlichen Erkrankungen betroffen, leiden aber häufiger an einer depressiven Symptomatik.
  • Frauen mit Migrationshintergrund konsumieren seltener Alkohol in riskanten Mengen; sie sind allerdings auch seltener sportlich aktiv.
  • Unterschiede in der Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems und der Qualität der Behandlung sind insbesondere auf sprachliche Barrieren zurückzuführen.

Sexuelle und reproduktive Gesundheit

  • Sexualität findet meist in festen Beziehungen statt; im jungen und mittleren Lebensalter folgen häufig mehrere (monogame) Beziehungen aufeinander.
  • Zur Verhütung nutzen sexuell aktive erwachsene Frauen am häufigsten die Pille und das Kondom; dabei ist die Anwendung der Pille insbesondere bei jungen Frauen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen.
  • Das reproduktive Verhalten in Deutschland ist durch ein niedriges Geburtenniveau, den Aufschub der ersten Geburt in ein höheres Alter und eine verbreitete Kinderlosigkeit gekennzeichnet; die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau beträgt 1,57.
  • Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist seit 2001 rückläufig; 2019 gab es 100.893 Schwangerschaftsabbrüche.
  • Im Jahr 2018 haben 775.916 Frauen Kinder geboren. 30,5 Prozent der Geburten 2017 waren Kaiserschnitte, rund 17.500 Geburten erfolgten nach künstlicher Befruchtung.

Gesundheitliche Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen

  • 35 Prozent der Frauen ist seit dem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt widerfahren; diese ging überwiegend von Partnern oder Ex-Partnern aus.
  • Die Prävalenz von Gewalt gegen Frauen in Deutschland liegt im europäischen Durchschnitt; sie scheint sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert zu haben.
  • Gewaltbetroffenheit bei Frauen ist unabhängig vom sozialen Status; besonders gefährdet sind Frauen in Trennungssituationen, Frauen mit früheren Gewalterfahrungen und Frauen, die in erhöhtem Maße gesellschaftliche Diskriminierungen erfahren.
  • Gewalt kann schwerwiegende Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit und die psychosoziale Situation von Frauen haben.
  • Viele betroffene Frauen kommen aus unterschiedlichen Gründen beim bestehenden Hilfesystem nicht an; medizinischem Personal kommt eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung der Gewaltbetroffenheit und der Vermittlung von Hilfsangeboten zu.

Gesundheit von Frauen mit Behinderungen

  • Fünf Millionen Frauen und Mädchen (etwa zwölf Prozent der weiblichen Bevölkerung) haben eine amtlich anerkannte Behinderung, bei 3,8 Millionen liegt eine Schwerbehinderung vor.
  • Der Anteil der Frauen mit Behinderungen steigt mit dem Alter an; fast 60 Prozent der Frauen mit anerkannter Schwerbehinderung sind 65 Jahre alt oder älter.
  • Rund 19 Prozent der Frauen mit Beeinträchtigungen nehmen ihre Gesundheit als gut oder sehr gut wahr, im Gegensatz zu rund 75 Prozent der Frauen ohne Beeinträchtigungen.
  • Frauen mit Beeinträchtigungen haben eine höhere Inanspruchnahme der ambulanten und stationären Versorgung als Frauen ohne Beeinträchtigungen.
  • Frauen mit Behinderungen sind im Lebensverlauf deutlich häufiger von Gewalt betroffen als Frauen ohne Behinderungen.

Frauengesundheit im europäischen Vergleich

  • Die mittlere Lebenserwartung von Frauen liegt in Deutschland mit 83,3 Jahren nahe am Durchschnitt der 28 EU-Mitgliedstaaten (83,6 Jahre).
  • Die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Krankheiten ist bei Frauen in den letzten 15 Jahren in allen 28 EU-Mitgliedstaaten zurückgegangen, Deutschland liegt mit 323 Todesfällen pro 100.000 Einwohnerinnen leicht über dem EU-Durchschnitt.
  • Knapp 44 Prozent der Frauen in den 28 EU-Mitgliedstaaten sind übergewichtig (inkl. Adipositas), in Deutschland liegt der Anteil bei rund 43 Prozent.
  • Beim Anteil der Frauen mit monatlichem Rauschtrinken steht Deutschland mit 19 Prozent an zweiter Stelle der 28 EU-Mitgliedstaaten.
  • Der Anteil der Frauen, die gesundheitsförderlich körperlich aktiv sind, ist in Deutschland mit 22 Prozent mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der 28 EU-Mitgliedstaaten.

Der Bericht „Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland“ steht auf der Homepage des Robert Koch-Instituts zum Download zur Verfügung.

Quelle: Neues von der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Newsletter vom 9.12.2020