Digitale Hilfe bei Essstörungen

Online-Beratung wird bei Essstörungen häufig genutzt. Foto: Veronika Barnerßoi, Hochschule Landshut

Essstörungen haben im Rahmen der COVID-19-Pandemie zugenommen. Wer bereits an einer Essstörung leidet, berichtet zudem häufig von einer Verstärkung der Symptomatik. Gleichzeitig waren und sind Hilfsangebote in Präsenz vielfach nur eingeschränkt möglich. Online-Beratungen können diese Lücken ein Stück weit schließen, weshalb viele Beratungsstellen ihr digitales Angebot deutlich ausgeweitet haben. Dies geschah jedoch nicht selten mit knappen zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen, für Vernetzung und Austausch blieb wenig Zeit. Das Projekt DigiBEssst an der Hochschule Landshut will die digitalen Beratungsangebote im Essstörungsbereich nun systematisch untersuchen und Leitlinien für Betroffene und Fachkräfte entwickeln. Das zweijährige Kooperationsprojekt zwischen der Hochschule Landshut, unter Leitung von Prof. Dr. Eva Wunderer, und dem Bundesfachverband Essstörungen BFE e. V. wird vom Bundesministerium für Gesundheit mit einer Gesamtsumme von ca. 250.000 Euro finanziert.

Digitale Angebote immer wichtiger

Professionelle Beratungsstellen sind oftmals die ersten Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche, die an Essstörungen erkrankt sind, sowie für ihre Angehörigen. „Allerdings ist das Angebot dieser Stellen in Deutschland bis jetzt kaum erforscht“, berichtet Prof. Wunderer. Die Psychologin, Systemische Paar- und Familientherapeutin und Professorin an der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Landshut forscht seit Jahren zum Thema Essstörungen. Hinzu komme, dass es bis vor wenigen Jahren wenig digitale Beratungsangebote gab. „Jetzt im Zuge der COVID-19-Pandemie wird die Relevanz von E-Mail-, Chat- und Videoberatung besonders deutlich“, so die Professorin, „zumal Essstörungen besonders häufig bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftreten, für die Online-Aktivitäten eine wesentliche Lebenswelt darstellen.“

Bundesweite Erhebung

Zum Projektteam an der Hochschule Landshut gehören auch Anna Hofer (M.A. Klinische Sozialarbeit) und Cäcilia Hasenöhrl (B.A. Soziale Arbeit). „Mit Unterstützung des BFE und der BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) interviewen wir bundesweit und flächendeckend möglichst viele Beratungsstellen und befragen sie über ihre bisherigen Erfahrungen mit digitalen Angeboten: Was haben sie bereits ausprobiert? Was funktioniert gut? Wo gibt es Probleme?“, beschreibt Anna Hofer das Forschungsdesign. Gleichzeitig sprechen die Wissenschaftlerinnen mit Jugendlichen und Erwachsenen, die an Essstörungen erkrankt sind, und ihren Angehörigen und fragen nach ihren Bedarfen: Welche Angebote nutzen sie am liebsten? Was hilft ihnen weiter? Was wünschen sie sich von den Beratungsstellen?

Leitlinien aus der Praxis für die Praxis

Aus dieser Evaluierung leitet das Forschungsteam schließlich Best Practice ab und entwickelt Qualitätsleitlinien für eine professionelle, digitale Beratung. „Damit wollen wir den Fachkräften Material an die Hand geben, das ihnen bei ihrer täglichen Arbeit weiterhilft“, berichtet Anna Hofer. Cäcilia Hasenöhrl ergänzt: „Wenn es Leitlinien für Beratungsstellen zum Thema Online-Beratung gibt, dann befassen sie sich bisher eher mit allgemeinen Themen wie Datenschutz, aber wenig mit spezifischen, für die Essstörungshilfe relevanten Themen.“ Das Team hofft, dass sich die Online-Beratung dadurch weiter professionalisiert und Netzwerke geknüpft werden. „Am Ende könnte dies allen Beteiligten helfen: Den Fachkräften, den Betroffenen und ihren Angehörigen“, so Prof. Wunderer.

Über das Projekt

Das Projekt „DigiBEssst“ – Digitale Beratungsangebote professioneller Beratungsstellen für Essstörungen: Partizipative Bestandsaufnahme, Evaluation und Entwicklung von Qualitätsleitlinien“ läuft noch bis November 2023. Die Gesamtprojektleitung übernimmt Prof. Dr. Eva Wunderer von der Hochschule Landshut. Projektpartner ist der Bundesfachverband Essstörungen BFE e.V. Das Bundesministerium für Gesundheit finanziert das Vorhaben mit insgesamt etwa 250.000 Euro.

Pressestelle der Hochschule Landshut, 10.01.2022