Eigene Willenskraft ist Rauchstopp-Maßnahme Nr. 1

Ergebnisse der RauS-Studie, 2023

Der Rückgang der Raucher:innen ist in Deutschland ins Stocken geraten: Während die Zahl jugendlicher Raucher:innen bis 2022 jährlich einen historischen Tiefstand erreicht, bleibt die Rauchprävalenz im mittleren und höheren Erwachsenenalter stabil oder steigt sogar an.

„Dieser Trend ist besorgniserregend, denn Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko der Deutschen. Umso wichtiger ist es, mehr über dieses Thema zu sprechen, zu forschen und zu debattieren“, betont Prof. Dr. Heino Stöver, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai. „Zwar ist die Bereitschaft zum Aufhören unter Rauchenden grundsätzlich hoch, gleichzeitig gelingt der Rauchstopp häufig erst nach mehreren Versuchen oder aber erst, wenn dieser mit einer gewissen Ernsthaftigkeit angegangen wird.“

Gemeinsam mit seinem Team sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Centre for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt (CDR) und des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS) untersuchte Stöver in der sogenannten Rauchstopp-Studie (RauS), welche Mittel und Methoden zur Rauchentwöhnung angewandt werden und inwiefern sie wirklich hilfreich sind. Durch die im Zuge der Studie durchgeführte Online-Befragung konnten insgesamt 6.192 Stichproben von aktuellen und ehemaligen Raucherinnen und Rauchern erhoben werden.

„93 Prozent der Studienteilnehmenden gaben an, mindestens einen Versuch unternommen zu haben, mit dem Rauchen aufzuhören. Im Schnitt benötigten die Befragten knapp vier ernsthafte Rauchstopp-Versuche bis zum Erfolg. 61 Prozent der Teilnehmenden nannten die eigene Willenskraft neben dem Wechsel zur E-Zigarette als die Rauchstopp-Maßnahme Nummer 1“, erklärt Stöver. Gleichzeitig gäbe es nur wenige als evidenzbasiert geltende Rauchstopp-Methoden. Aus den Studienergebnissen lässt sich ablesen, dass ärztliche oder telefonische Beratung, Einzel- oder Gruppentherapien, Nikotinersatztherapie mit Kaugummi oder Pflastern oder eine medikamentengestützte Behandlung nur bei einem kleinen Teil der Rauchstopp-Versuche angewendet werden. Mit diesen Ergebnissen können Erkenntnisse vorheriger Studien, etwa der DEBRA-Studie, bestätigt werden.

Stöver ergänzt: „Gerade unter den eher wenig genutzten Rauchstopp-Methoden fällt auf, dass Apps und Websites sowie Ortswechsel vergleichsweise gut bewertet werden – hier existiert möglicherweise ein Potenzial, das stärker genutzt werden könnte.“ Ähnliches zeige sich für Ersatzrituale oder individuelle Methoden: Neben der Verwendung von häufig genannten Kaugummis sowie diversen essbaren Dingen wie Bonbons oder Lutschpastillen gaben die Befragten eine Vielzahl von Möglichkeiten an, mit denen sie sich im Zuge ihres Rauchstopp-Versuchs alternativ beschäftigten bzw. aktuell beschäftigen.

Faktoren, welche die Motivation für den Rauchstopp begünstigen, sind vielfältig. „Neben unangenehmen Begleiterscheinungen wie schlechtem Geruch spielt das Thema Gesundheit die mit Abstand dominierende Rolle. Eigene Erkrankungen, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben, werden oftmals als Startpunkt für Rauchstopp-Versuche genutzt“, so der Suchtexperte weiter. „Sie erhöhen das Bewusstsein um mögliche Schäden und Regeneration, um konkrete eigene gesundheitliche Probleme oder solche im engeren Umfeld. Auch Verantwortung für eigene Kinder, angefangen mit Schwangerschaften, später in Form einer Vorbildfunktion, ist für viele Raucherinnen und Raucher eine wichtige Motivation für den Rauchstopp. An dieser Stelle sollten Präventions- oder Ausstiegsprogramme für Rauchstopp-Willige ansetzen.“

„Neben den Faktoren, die den Rauchstopp positiv beeinflussen, gibt es jedoch auch Probleme und Hindernisse, auf die Raucherinnen und Raucher bei ihrem Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, stoßen. Eine Vielzahl dieser Hemmnisse geht auf bestimmte, mit dem Rauchen verbundene Rituale zurück, die auch gesellschaftliche Aspekte einbeziehen“, so der Suchtexperte. „Dies können etwa ritualisierte Rauchpausen auf der Arbeit, die Zigarette in Verbindung mit dem Konsum von Kaffee oder alkoholischen Getränken, die generelle Tagesstruktur oder auch andere Rauchende im sozialen Umfeld bzw. Freundeskreis sein. Gleichzeitig gibt es weitere Alltagssituationen, die das Rauchen ‚triggern‘ und damit den Rauchstopp verzögern können.“

Konkrete Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit und Unruhe, erhöhter Appetit, Konzentrationsschwäche, Schlafprobleme oder Kopfschmerzen seien, so das Ergebnis der Studie, weniger ausschlaggebend.

Die detaillierten Ergebnisse der RauS-Studie können in der Publikation „Die Zigarette liegt in den letzten Zügen. Alternative Formen der Nikotinaufnahme“, erschienen 2023 im Frankfurter Fachhochschulverlag, eingesehen werden.

Pressestelle der Frankfurt University of Applied Sciences, 25.5.2023