Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit Suchterkrankungen

beschlussfassg-ag_teilhabe-zentrale_empfehlungen-1Am 26. September stimmte der Drogen- und Suchtrat den Empfehlungen „Arbeit, Beschäftigung und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Suchterkrankungen“ zu, die von der Unterarbeitsgruppe „Teilhabe am Arbeitsleben“ des Drogen- und Suchtrats der Bundesregierung unter Leitung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) erarbeitet wurden. Die Empfehlungen beschäftigen sich ausführlich mit folgenden Bereichen:

  • Ausgangssituation
  • Spezifische Gruppen und erforderliche Angebote
  • Förderung von Netzwerken und Kooperationen
  • Anforderungen an wesentliche Akteure und Kooperationspartner (Drogenbeauftragte, Kommunen, Agenturen für Arbeit/Jobcenter/Integrationsämter, Arbeitgeber)

Zu Beginn des Papiers betonen die Verfasser, „dass diese Empfehlungen zur Teilhabe von Menschen mit Suchterkrankungen nicht zu Lasten anderer Personengruppen gehen sollen.“ In diesem Zusammenhang sehen sie einige aktuelle Empfehlungen als besonders vordringlich an, die im Folgenden wiedergegeben werden:

1. Berufliche Orientierung in der medizinischen Rehabilitation beginnen und anschließende Förderung der beruflichen (Re-)Integration sicherstellen

  • Beratung arbeitsloser Suchtkranker durch Agenturen für Arbeit/Jobcenter sowie die Reha-Fachberater der Rentenversicherung im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit bereits während einer medizinischen Rehabilitationsleistung im Hinblick auf die (Wieder-) Eingliederung in das Erwerbsleben.
  • Sicherstellung der nahtlosen Einleitung von erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen sowie weiterer arbeitsmarktpolitischer Instrumente im Anschluss an eine Entwöhnungsbehandlung.
  • Abschluss einer Vereinbarung der Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit und der kommunalen Spitzenverbände hinsichtlich einer strukturierten und verbindlichen Zusammenarbeit der Jobcenter/Agenturen für Arbeit mit dem Rehabilitationsträger DRV und den Rehabilitationseinrichtungen bei arbeitssuchenden Abhängigkeitskranken in der Entwöhnungsbehandlung.

2. Suchtspezifische Fachkompetenzen weiterentwickeln

  • Empfehlung, dass jede Agentur für Arbeit bzw. jedes Jobcenter über ein Fachkonzept „Sucht“ mit verbindlichen Regelungen für Arbeitsabläufe, Verfahrensweisen, Qualitätsstandards, Kooperation mit externen Partnern verfügt.
  • Förderung einer fallbezogenen örtlichen Kooperation zwischen den Dienststellen der Leistungsträger gem. SGB II und SGB III und den Suchtberatungsstellen/-einrichtungen gem. § 16a SGB II.

3. Geeignete arbeitsmarktpolitische Instrumente vorhalten

  • Zurverfügungstellung passgenauer Leistungen zur Förderung der beruflichen Integration in Arbeit und gezielter Vermittlungsaktivitäten für arbeitslose suchtkranke Menschen, die potenziell in den ersten Arbeitsmarkt integrierbar sind, dazu aber eine gezielte Unterstützung und Förderung benötigen.
  • Vorhalten von geeigneten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten für langzeitarbeitslose suchtkranke Menschen ohne eine realistische kurz- bzw. mittelfristige Perspektive, im ersten Arbeitsmarkt unterzukommen. Hierzu gehören u. a. passgenaue Arbeitsmarktinstrumente wie die verstärkte Nutzung von z. B. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, öffentlich geförderte Beschäftigung oder freie Eingliederungsleistungen.
  • Schaffung geförderter Beschäftigungsmöglichkeiten mit individuell gestaltbarem Förderrahmen, in Bezug auf Inhalt und Dauer orientiert am individuellen Bedarf.

4. Begleitende Aktivitäten sicherstellen

  • Bereitstellung begleitender Aktivitäten – wie z. B. Unterstützung zur Wiedergewinnung einer Tagesstruktur, zur Förderung der Grundfertigkeiten und Eigenverantwortung, zur Aktivierung und Gesundheitsförderung, zur Bewältigung psychosozialer Probleme – als wichtige Bausteine einer Integrationsstrategie, welche sich passgenau an den jeweiligen Bedarfen der verschiedenen Zielgruppen mit entsprechenden Vermittlungshemmnissen ausrichtet.

5. Integrationsprojekte für Suchtkranke öffnen

  • Öffnung von Integrationsprojekten gem. § 132 SGB IX für Menschen mit Suchterkrankungen, welche langzeitarbeitslos bzw. mehrfach beeinträchtigt sind.

6. Kooperation und Netzwerke verbindlich gestalten

  • Vernetzung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente mit sozialintegrativen (kommunalen) Angeboten im Rahmen einer ganzheitlich ausgerichteten Integrationsstrategie für arbeitslose suchtkranke Menschen. Diese Vernetzung umfasst neben der Suchtberatung auch den bedarfsgerechten Einbezug weiterer kommunaler Eingliederungsleistungen, z. B. Kinderbetreuung, Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung, Angebote der Gesundheitsförderung, Angebote von Bildungsträgern etc.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung wird gebeten, sich an die Bundesagentur für Arbeit, die kommunalen Spitzenverbände, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zu wenden, um diese für die besonderen Belange suchtkranker Menschen zu sensibilisieren und entsprechende Integrationsansätze zu befördern.

Empfohlen wird darüber hinaus, dass sie einen bundesweiten Kongress ausrichtet, der dem Austausch von Kommunen und anderen Trägern mit bereits bestehenden vielfältigen Beschäftigungsprojekten für schwer vermittelbare Suchtkranke sowie der Förderung und Verbreitung entsprechender Ansätze dient.

Ferner wird die Drogenbeauftragte gebeten, die Umsetzung dieser Empfehlungen zu überprüfen und den Drogen- und Suchtrat entsprechend darüber zu informieren.

Quelle: Beschluss des Drogen- und Suchtrates „Teilhabe am Arbeitsleben“ vom 26.09.2016, S. 1–3