Langzeitstudie aus Neuseeland
Anhaltender Konsum von Cannabis steht mit einer verringerten geistigen Leistungsfähigkeit in Zusammenhang. Das legen die Ergebnisse einer Langzeitstudie aus Neuseeland nahe.
Bei der ersten Erhebung waren die Teilnehmenden drei Jahre alt, die letzte fand im Alter von 45 Jahren statt. In regelmäßigen Abständen wird ein repräsentativer Ausschnitt der neuseeländischen Bevölkerung untersucht. Die Teilnehmenden der Kohortenstudie sind zwischen 1972 und 1973 in der Stadt Dunedin zur Welt gekommen. Seit dem Alter von 18 Jahren wird auch der Konsum von Cannabis erhoben. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Madeline Meier ist der Frage nachgegangen, wie sich langjähriges Kiffen auf die geistigen Leistungen auswirkt.
Meier und ihr Team haben bereits in einer früheren Auswertung der Dunedin-Studie für Aufsehen gesorgt. Das zentrale Ergebnis lautete: Wer schon als Jugendlicher in das regelmäßige Kiffen einsteigt, hat im Alter von 38 Jahren einen bis zu 8 Punkte niedrigeren Intelligenzquotienten (IQ). Der mittlere IQ in der Bevölkerung liegt bei 100. Stets abstinente Personen aus der Dunedin-Studie konnten ihren IQ als Erwachsene hingegen etwas verbessern. Allerdings gab es auch Kritik an den Schlussfolgerungen.
Rückgang des IQ um durchschnittlich 5,5 Punkte
In der aktuellen Auswertung waren unter den 938 Teilnehmenden 84 Personen, die im Alter von 45 Jahren immer noch regelmäßig, also wöchentlich bis täglich, kifften. Das zentrale Ergebnis der Studie lautet: Bei den langjährig Konsumierenden ist der IQ um durchschnittlich 5,5 Punkte seit der Kindheit gesunken. Die verminderten geistigen Leistungen machen sich unter anderem in einer geringeren Merkfähigkeit und in Problemen mit der Aufmerksamkeit bemerkbar. Dies sei auch Personen aufgefallen, die den Teilnehmenden nahestehen und ebenfalls im Rahmen der Studie befragt wurden.
Das Forschungsteam betont, dass es eine Vielzahl von weiteren möglichen Einflüssen bei ihrer Auswertung berücksichtigt habe. Beispielsweise seien der Konsum weiterer Drogen und auch Abhängigkeitsprobleme in der Familie einbezogen worden. Darüber hinaus hat das Team Vergleichsgruppen gebildet. Darunter waren Personen, die nur gelegentlich kifften oder aufgehört haben zu konsumieren sowie Personen, die regelmäßig Alkohol tranken oder täglich Tabak rauchten. Im Vergleich zu diesen Gruppen war der IQ-Rückgang der langjährigen Kiffer am stärksten ausgeprägt. Die geistigen Leistungen von Personen, die nur gelegentlich kifften, wichen hingegen nicht bedeutsam vom Durchschnitt ab.
Kleinerer Hippocampus bei Dauerkiffen
Der Rückgang der geistigen Leistungen bei den Langzeitkonsumierenden geht bei den Teilnehmenden der Studie einher mit einem kleineren Hippocampus. Das ist ein Areal im Gehirn, das vor allem für das Abspeichern neuer Inhalte im Langzeitgedächtnis zuständig ist. Vertiefte Analysen deuten aber darauf hin, dass der Hippocampus nicht das einzige Hirnareal ist, das mit den Einbußen in der geistigen Leistungsfähigkeit in Verbindung steht.
Die Kohortenstudie könne laut dem Forschungsteam zwar nicht beweisen, dass Cannabis die Hirnveränderungen und die verminderte geistige Leistungsfähigkeit verursacht hat. Die Studie habe aber „robuste“ Belege dafür vorgelegt, dass langjähriger Cannabiskonsum maßgeblich verantwortlich hierfür ist. Das Forschungsteam gibt zu bedenken, dass milde Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit im mittleren Erwachsenenalter Vorboten von Demenzerkrankungen im höheren Alter sein können. Ob dies so ist, müssten zukünftige Studien untersuchen.
Originalpublikation:
Meier, M. H., Caspi, A., Knodt, A. R., Hall, W., Ambler, A., Harrington, H., Hogan, S., Houts, R. M., Poulton, R., Ramrakha, S., Hariri, A. R. & Moffit, T. E. (2022). Long-Term Cannabis Use and Cognitive Reserves and Hippocampal Volume in Midlife. Am J Psychiatry, https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2021.21060664.
Quelle: www.drugcom.de , 18.5.2022