Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien

Ungekürzter Aufruf zur Aktionswoche

Die vergessenen Kinder sind – dank dem Deutschen Bundestag – endlich auf der politischen Agenda. Mit einem Entschließungsantrag aus dem Juni 2017 hat das Parlament entschieden, dass suchtbelastete Familien und die insgesamt ca. drei Millionen Kinder eine optimale interdisziplinäre Versorgung bekommen sollen.

Hierfür wurde eine Arbeitsgruppe „Kinder psychisch- und suchtkranker Eltern“ einberufen. Kurz vor Weihnachten übergab sie Ihren Abschlussbericht an den Bundestag. Leider ist es nicht gelungen, sich in der Arbeitsgruppe über konkrete Finanzierungsmodelle für viele der dringend erforderlichen Hilfen zu einigen. […]

Für Kinder aus suchtbelasteten Familien existieren in Deutschland schätzungsweise 200 spezialisierte Hilfeangebote, die die Kinder dabei unterstützen, möglichst unbeschadet aus der belasteten familiären Situation hervor zu gehen. Die Effektivität dieser Angebote ist in der Praxis vielfach erwiesen. Doch kommen heute nur sehr wenige der insgesamt drei Millionen betroffenen Kinder in den Genuss dieser Angebote. Sie wären in jeder Gemeinde nötig, damit mehr Kinder Unterstützung erhalten, um sich gesund zu entwickeln. Für diese Angebote gibt es bislang keinerlei gesetzliche Regelung zur Finanzierung. Sie waren und sind auf den guten Willen der Kommune, der Träger und/oder auf Spenden angewiesen. Dies droht auch so zu bleiben. Die Initiatoren der Aktionswoche und die an ihr beteiligten Aktivist/innen rufen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf: Bitte, denken Sie über den Bericht der Arbeitsgruppe hinaus. Suchen Sie Lösungen für diese offenen Fragen:

  • Bekanntlich leiden die meisten Kommunen unter großer Finanznot. Schon für die bisherigen Aufgaben in der Jugendhilfe sind sie nicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet. Wie soll eine Gemeinde präventive Gruppenangebote z. B. für Kinder aus suchtbelasteten Familien über ihre Jugendhilfebudgets finanzieren, wenn sie von den Ländern nicht hinreichend mit Geldern ausgestattet wird?
  • Wie soll sich in Deutschland ein flächendeckendes Hilfesystem entwickeln, wenn die Hürden für Förderungen so gestaltet sind, dass die von den Krankenkassen zur Verfügung stehenden Mittel nicht in Anspruch genommen werden können?
  • Wie sollen freie Träger für ihre Gruppenangebote Zugang zu Förderungen z. B. im Rahmen des Bündnisses für Gesundheit der gesetzlichen Krankenkassen erhalten, wenn sie keine Antragsberechtigung haben? Dies steht nur den Kommunen zu. Wenn die Angebote (wegen fehlenden Problembewusstseins oder fehlender Mittel für den zu entrichtenden Eigenanteil der Gemeinde) nicht die nötige Unterstützung durch die Kommune haben, sind sie von Förderungen praktisch ausgeschlossen. Von einer Regelfinanzierung kann unter diesen Bedingungen nicht die Rede sein.

[…] Kinder aus Suchtfamilien sind die größte bekannte Risikogruppe für eine eigene Suchterkrankung und lebenslang hochgefährdet für psychische Krankheiten sowie soziale Störungen. Laut dem aktuellen DAK-Kinderreport entfallen auf diese Kinder um 32 Prozent höhere Gesundheitskosten. Auch ist die Gefahr, Bildungsversager zu werden, bei diesen Kindern besonders hoch. Dafür sind in der Regel nicht mangelnde Intelligenz, sondern die ständigen Sorgen um die Eltern, das geringere Selbstbewusstsein, Versagensängste, geringere Stimulanz im Elternhaus und Defizite in der sozialen Kompetenz ursächlich. Studien legen nahe, dass die Schädigungen der Kinder in der lebenslangen Perspektive zu Kosten in Milliardenhöhe führen. Das Leid der Kinder ist mit Geld nicht zu ermessen.

Wie in jedem Jahr wird die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien die politischen Forderungen mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen unterstreichen. Alle Einrichtungen, Initiativen, Projekte aus Jugend- und Suchthilfe und der Sucht-Selbsthilfe und ihre Verbände sind eingeladen mitzumachen. Die Veranstaltungen sorgen dafür, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, Wissen zu vermitteln, Hoffnung zu verbreiten und betroffenen Familien und den Kindern Wege zu Hilfe und Genesung zu weisen. […]

Alle Informationen zu Veranstaltungen und Anregungen zum Mitmachen finden sich auf der Website www.coa-aktionswoche.de Kontakt: info@coa-aktionswoche.de. Schirmherrin der deutschen Aktionswoche ist die Schauspielerin Katrin Sass. […]

Pressestelle von NACOA Deutschland e.V., 23.01.2020