Suchthilfe in Hamburg

Der Hamburger BADO e. V. ist ein Zusammenschluss der freien Träger der Sucht- und Drogenhilfe in Hamburg und der zuständigen Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz zum Zweck der Dokumentation und Evaluation in der ambulanten Suchthilfe und stationären Eingliederungshilfe. Der BADO legte Ende des letzten Jahres seinen Bericht für das Jahr 2016 vor. Dieser basiert auf der Auswertung von 19.113 Betreuungsverläufen von 15.473 verschiedenen Personen, die in 60 Suchthilfeeinrichtungen und -projekten im Jahre 2016 beraten und betreut wurden. Die Nachfrage nach Suchthilfe entsprach nahezu genau dem hohen Vorjahresniveau.

Hauptdroge bleibt Alkohol
Trend zu mehr Kokain und Amphetaminen setzt sich fort

Unverändert gegenüber dem Vorjahr nannten zwei Drittel der Klientinnen und Klienten Alkohol als Hauptdroge, fast die Hälfte Cannabis, jeweils ein Drittel Opiate/Heroin bzw. Kokain, 17 Prozent Sedativa, 15 Prozent Amphetamine, 15 Prozent Crack, sieben Prozent Halluzinogene. Elf Prozent hatten eine Glücksspielproblematik. Etwa die Hälfte berichtete über polyvalente Konsummuster. Der in den letzten Jahren erfolgte Trend zu Kokain bzw. Amphetaminen setzte sich auch 2016 fort.

Gesundheitliche und psychosoziale Belastungen

Sehr viele der Klientinnen und Klienten begannen die Beratung oder Therapie mit schweren biographischen, aktuellen gesundheitlichen, psychischen und sozialen Belastungen sowie erheblichen Teilhabeproblemen am Arbeitsleben. 2.603 Klientinnen und Klienten waren ohne eigenen Wohnraum. Auf folgende Einzelergebnisse soll besonders hingewiesen werden:

  • 706 Alkoholabhängige (17 Prozent) waren älter als 60 Jahre, 1.889 Opiatabhängige (43 Prozent) älter als 45 Jahre. Das Suchthilfesystem wie das Gesundheitswesen wird mehr Menschen versorgen müssen, bei denen typische Suchtfolgeerscheinungen mit zusätzlichen altersbedingten Problemen verbunden werden.
  • Minderjährige Alkohol- oder Opiatkonsument/innen nutzten nicht die Angebote der Suchthilfeeinrichtungen, bei den Cannabiskonsumenten waren 14 Prozent minderjährig.
  • Bis zu 43 Prozent der Frauen und bis zu 34 Prozent der Männer hatten in der Vergangenheit Suizidversuche unternommen. Diese hohen Prävalenzraten weisen auf die wichtigen suizidpräventiven Anforderungen hin, mit denen sich die Suchthilfeeinrichtungen auseinanderzusetzen haben.
  • Die BADO dokumentiert eine sehr hohe Haftbelastung vor allem der Männer mit einer Opiat-Abhängigkeitserkrankung. 72 Prozent der Männer hatten eine längere Zeit – im Mittel mehr als fünf Jahre – in einer Haftanstalt verbracht, sehr oft wegen mit der Abhängigkeitserkrankung verbundener Beschaffungsdelikte. Das Ergebnis legt die Forderung nach einer Entkriminalisierung dieser spezifischen Abhängigkeitserkrankung nahe.
  • Wie in den Jahren zuvor war auch 2016 das Fehlen eigenen Wohnraums ein außerordentliches Problem für 2.603 Klientinnen und Klienten.

Betreuungsergebnisse

Auch wenn die Ausgangslage bei sehr vielen Suchtmittelabhängigen oftmals schwierig war, legte die Hamburger Suchthilfe auch 2016 insgesamt gute Ergebnisse vor. 64 Prozent der Alkoholabhängigen lebten am Betreuungsende alkoholabstinent, 55 Prozent der Opiatabhängigen ohne Heroinkonsum. Mehr als drei Viertel der Alkoholabhängigen und zwei Drittel der Opiatabhängigen waren am Ende der Betreuung in hohem Maße abstinenzmotiviert. Psychische Belastungen gingen deutlich zurück, die gesundheitliche Situation verbesserte sich, und sehr viele stabilisierten oder verbesserten ihre sozialen Beziehungen.

Spezialthema: Klientinnen und Klienten aus suchtbelasteten Familien

In einer umfangreichen Spezialauswertung unter Einbeziehung von 9.695 Klientinnen und Klienten wurden solche aus suchtbelasteten Familien mit jenen verglichen, in deren Elternhaus kein Elternteil eine Suchtproblematik aufwies. Die Hauptergebnisse waren:

  • Etwa jeweils die Hälfte der alkoholabhängigen, opiatabhängigen, kokainabhängigen oder cannabisabhängigen Klient/innen stammte aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil ein Suchtproblem hatte. Dabei war dies etwa doppelt so häufig bei den Vätern der Fall. Bei elf bis 15 Prozent hatten beide Elternteile eine Suchtproblematik.
  • Die Klientinnen wuchsen häufiger als die Klienten in einem suchtbelasteten Elternhaus auf.
  • Die Betroffenen aus suchtbelasteten Familien, insbesondere wenn beide Elternteile betroffen waren, wiesen in der Regel noch stärkere biographische und psychosoziale Belastungen auf als Betroffene, die nicht in einem suchtbelasteten Elternhaus gelebt hatten. So hatten sie sehr viel häufiger körperliche und sexuelle Gewalt erfahren und sie hatten selbst häufiger Gewalt ausgeübt. Sie begannen früher mit dem Drogenkonsum und entwickelten sehr viel früher substanzgebundene Störungen. Sie lebten häufiger mit suchtbelasteten Partnerinnen bzw. Partnern zusammen, sie hatten seltener Clean-Kontakte oder engere Bezugspersonen, von denen sie Hilfe bekamen. Sie wiesen häufiger erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen auf und waren sehr viel häufiger erheblich psychisch belastet. Die Opiatabhängigen zeigten zudem häufiger risikoreiche Konsummuster wie iv-Konsum oder gemeinsame Spritzenbenutzung.

Klientinnen und Klienten mit minderjährigen Kindern

Die Klientinnen und Klienten, die in den Hamburger Suchthilfeeinrichtungen betreut wurden, hatten insgesamt 6.586 minderjährige Kinder. Davon lebten 2.280 Kinder im Haushalt der betreuten Person. Die Gefahr für diese Kinder, später selbst einmal eine Suchtproblematik zu entwickeln, ist deutlich erhöht. Die Suchthilfeeinrichtungen stehen somit vor ganz erheblichen Anforderungen bei der angemessenen Betreuung von Klientinnen und Klienten mit Kindern, bei der Auseinandersetzung mit Themen der Erziehung bzw. Trennung von den Kindern und zur Wahrung des Kindeswohls bei der Kooperation mit der Familienhilfe.

Der Statusbericht 2016 kann unter www.bado.de heruntergeladen oder als Printversion bestellt werden: barre@jugendhilfe.de, Tel. 040/85 17 35 13

Quelle: www.bado.de (17.01.2018) und „Suchthilfe in Hamburg. Statusbericht 2016 der Hamburger Basisdatendokumentation in der ambulanten Suchthilfe und der Eingliederungshilfe“, Zusammenfassung, S. I.