Nacht der Solidarität

In Berlin wurden in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 2020 obdachlose Menschen gezählt, die auf der Straße oder in Einrichtungen der Kältehilfe angetroffen wurden. Dies war die erste Zählung obdachloser Menschen deutschlandweit. Erste Ergebnisse wurden am 7. Februar vorgestellt.

Wie viele Menschen wurden gezählt?

  • Insgesamt wurden 1.976 obdachlose Menschen gezählt.
  • 807 Menschen wurden bei der Straßenzählung im öffentlichen Raum registriert.
  • 15 obdachlose Menschen wurden in Rettungsstellen in Berliner Krankenhäusern gezählt.
  • 158 Obdachlose im ÖPNV (112 in der S-Bahn, 46 bei der BVG)
  • 12 in Polizeigewahrsam
  • 942 in Einrichtungen der Kältehilfe
  • 42 im Warte- und Wärmeraum Gitschiner Straße 15

Was wissen wir jetzt von den befragten Menschen?

  • Von den 807 Personen, die bei der Straßenzählung angetroffen wurden, ließ sich ca. jede dritte auch befragen (288 Personen).
  • 56 Prozent der 288 befragten Personen waren zwischen 30 und 49 Jahre alt, drei Personen waren noch nicht volljährig.
  • Von den 288 befragten Personen waren 39 weiblich (14 Prozent), 243 männlich (84 Prozent), niemand inter/divers, sechs Menschen machten keine Angabe.
  • Die 288 Befragten hatten folgende Herkunft: 113 deutsch, 140 EU, 31 Drittstaaten, vier machten keine Angabe.
  • Fast die Hälfte (47 Prozent) hatte seit mehr als drei Jahren keine feste Wohnung mehr.
  • Von den 288 Befragten leben:
    • 117 Personen allein,
    • 74 mit einem weiteren Erwachsenen zusammen, 25 davon leben in einer Beziehung, weitere zwei davon mit einem Kind,
    • 13 mit zwei weiteren Erwachsenen zusammen,
    • 19 mit drei oder mehr Erwachsenen zusammen.
    • 65 machten dazu keine Angaben.
  • Von den 288 Befragten leben:
    • 74 Personen ohne Tier,
    • 14 Personen mit einem Tier,
    • vier Personen mit zwei Tieren,
    • zwei Personen mit drei oder mehr Tieren auf der Straße zusammen.
    • 194 Personen machten dazu keine Angaben.

Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales: „Wir haben in Berlin zum ersten Mal erfolgreich eine Obdachlosenzählung auf der Straße durchgeführt und stadtweit 807 obdachlose Menschen in einer Januarnacht auf Berlins Straßen angetroffen. Etwa ein Drittel dieser Menschen hat den Zählteams über ihre Lebenssituation berichtet. Wir wissen jetzt mehr über das Alter obdachloser Menschen, ihr Geschlecht, woher sie kommen und erstmals auch, wie lange sie schon wohnungslos sind. Wir werden jetzt die Daten der einzelnen Zählräume auswerten und in Zusammenarbeit mit den Bezirken sowie den Akteurinnen und Akteuren der Wohnungslosenhilfe überprüfen, welche Hilfsangebote vor Ort verbessert werden müssen.“

Susanne Gerull, Professorin für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, Armutsforscherin und Mit-Initiatorin der Nacht der Solidarität: „Die in Berlin angewandte Methode der Straßenzählung beruht auf einem Modell, das in New York entwickelt und in mehreren europäischen Metropolen umgesetzt wurde und wird. Nach allen mir bisher bekannten Informationen aus den Freiwilligen-Teams ist die Zählung nach allen Regeln sozialwissenschaftlicher Forschung erfolgreich durchgeführt worden. Es gab keine systematischen Verzerrungen, die ethischen Richtlinien wurden eingehalten. Wir konnten mit der Zählung nur die sichtbar im öffentlich zugänglichen Raum lebenden Menschen an einem Stichtag erfassen. Subjektive Einschätzungen, wie viele Menschen sich womöglich versteckt haben, um nicht gezählt zu werden, sind sozialwissenschaftlich nicht haltbar.“

Einen Stadtplan mit der stadtweiten Verteilung obdachloser Menschen als Ergebnis der Zählung finden Sie im Internet unter: www.berlin.de/sen/ias/presse/downloads/

Weitere Informationen: https://www.berlin.de/nacht-der-solidaritaet/

Quelle: Pressestelle der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Berlin, 07.02.2020