Hirnströme zeigen Wirkung von Videos zur Alkoholprävention

Studentin mit kabelloser EEG-Haube probiert klassisches EEG-Experiment (Oddball) aus. ©Karl-Philipp M. Flösch

Um die Effektivität öffentlicher Videokampagnen gegen riskanten Alkoholkonsum zu bewerten, untersuchten Psycholog:innen des Konstanzer Exzellenzclusters „Kollektives Verhalten“ die Synchronisierung der Hirnaktivitäten von Zuschauergruppen mittels EEG-Messungen. In einer aktuellen Studie zeigen sie neue Wege auf, die Methode aus dem Labor in die reale Anwendung im öffentlichen Gesundheitsbereich zu bringen.

Breit gestreute Gesundheitskampagnen, beispielsweise gegen Drogenmissbrauch oder zum Infektionsschutz während der Corona-Pandemie, sind ein wichtiges Instrument der Öffentlichen Gesundheitspflege (Public Health) und damit zum Schutz der Bevölkerung. Erst im Oktober 2024 startete beispielsweise die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter dem Motto „Neudefinition von Alkohol“ eine europaweite Kampagne zur Aufklärung der europäischen Bürger:innen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Alkoholkonsum. Laut WHO ist Alkohol aktuell für ein Elftel aller Todesfälle in der Europäischen Region direkt verantwortlich.

Doch nicht alle Gesundheitskampagnen zeigen die gewünschte Wirkung. Es wäre daher erstrebenswert, schon bei der Kampagnenentwicklung ein objektives Maß für die Effizienz gesundheitsrelevanter Botschaften zu haben. Psycholog:innen des Konstanzer Exzellenzclusters „Kollektives Verhalten“ um Harald Schupp und Britta Renner messen hierfür in ihren Studien die Hirnaktivität von Zuschauer:innen, denen reale Präventionsvideos gegen riskanten Alkoholkonsum vorgespielt werden.

Bereits in der Vergangenheit konnten sie in Laborexperimenten mittels aufwändiger bildgebender Verfahren – wie funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) oder Elektroenzephalografie (EEG) – zeigen: Bei besonders wirksamen Botschaften kommt es zu einer starken Synchronisation der Hirnaktivität der Zuschauer*innen. Die Aktivität verändert sich also beim Schauen des Videos bei allen Proband:innen auf ähnliche Weise, insbesondere in den Hirnregionen, die mit Prozessen höherer Ordnung wie Aufmerksamkeit, Emotionen und persönlicher Relevanz verbunden sind.

Vom Labor in die reale Anwendung

In einer aktuellen Studie nutzten die Konstanzer Forschenden nun erstmals einfachere, tragbare EEGs, welche die Messungen kabellos übertragen. Sie beobachteten die Hirnströme der Zuschauer:innen damit in einem normalen Seminarraum – also außerhalb eines aufwändig abgeschirmten Labors – und bei einer ganzen Gruppe von Zuschauer:innen gleichzeitig. Sie konnten zeigen, dass die Synchronisierung der Hirnströme bei besonders effektiven Videobotschaften gegen riskanten Alkoholkonsum auch unter diesen „Realbedingungen“ und mit dem vereinfachten, kostengünstigeren technischen Aufwand messbar ist.

„Das ist ein wichtiger Schritt, um die Methode näher an die praktische Anwendung im öffentlichen Gesundheitsbereich zu bringen. EEG-Studien in kleinen ‚neuronalen‘ Fokusgruppen könnten in Zukunft außerhalb von Universitätslaboren bei der evidenzbasierten Entwicklung und Auswahl von Kampagnenmaterial helfen, um eine bessere Wirkung von Gesundheitskampagnen zu gewährleisten“, sagt Schupp.

Pressestelle der Universität Konstanz, 6.2.2025